Chronik der Stadt Reichenau

dieselben sehr sekierten und jeden Tag gebratene Hühnel und Tauben, über¬ haupt nur Fleisch haben wollten. Es soll vorgekommen sein, daß Leute welche Nudeln oder andere Speisen ohne Fleisch den Soldaten überreichten, von denselben geschlagen wurden. Als die Witterung schlechter wurde, quar¬ tierten sich die Jäger in den Häusern ein. Beim alten „Weisnaz' in Luxdorf machten sie in der Mitte der Stube ein großes Feuer, um sich die nassen Kleider daran zu trocknen“ „Am 20. August 1813 besetzten die Franzosen Reichenberg. Auf dem Friedhofe vor der Kreuzkirche entzündeten sie große Wachtfeuer. Von Rei chenberg aus drangen auch einige Abteilungen der Franzosen in das Gab¬ lonzer Gebiet ein. über Kohlstatt und Radl kamen Patrouillen nach Rei¬ chenau. Da aber hier von österreichischem Militär nichts zu sehen war ritten sie wieder zurück. Auf den Feldern von Kunnersdorf kam es eines Tages zwischen den Franzosen und unseren Soldaten zu einem großen Scharmützel. Die dabei gefallenen Franzosen wurden auf dem unterhalb der alten Kunnersdorfer Scholzerei gelegenen Felde in einem Massengrabe beerdigt, das in der Folge mit einem eisernen Kreuze gekennzeichnet wurde.“ „Mit diesem Scharmützel steht wohl auch die Nachricht, welche ein Ge¬ währsmann als gewesener Augenzeuge berichtete, in Verbindung, wonach eines Tages ein großer Trupp erbeuteter Soldatenpferde in Gablonz an¬ langte und von den österreichischen Soldaten über Seidenschwanz und Rei¬ chenau nach Jungbunzlau getrieben wurde“ „Vor den Franzosen zog sich in denselben Tagen eine Abteilung Jäger gedeckt von Husaren, von Reichenberg her über Radl gegen Reichenau, Dale¬ schitz und Schumburg zurück. Das dürfte wohl dieselbe Truppe gewesen ein, welche auf einem Felde bei Pintschei ein Lager bezog. Anderen Tages rückte dieselbe von dort aus in eine andere Richtung, und zwar über Gab¬ lonz gegen die Stadt wieder vor und lagerte sich hinter Reinowitz auf den dortigen Feldern“. „Die Radler, noch mehr aber die Reichenauer Bewohner, welche von die¬ sem neuen Vormarsche der Kaiserlichen keine Kunde hatten, hielten, als sie von ihren Höhen das Lager derselben bei Reinowitz sahen, dasselbe für ein ranzösisches und gerieten vor diesem so in Furcht, daß sich jedermann beeilte, eine Habseligkeiten in Sicherheit zu bringen. In dieser Furcht wurde man noch bestärkt durch ankommende Husaren, welche vermeldeten, die Franzosen würden längstens um die Mittagsstunde hier eintreffen. Diese Rederei hatte aber keine Grund. Die Polacken und Westphalen (Verbündete der Franzosen) wagten sich gar nicht so weit heraus, sie blieben in Maffersdorf, Dörfel und Röchlitz. Da Gefahr im Anzuge war, so forderte der österrei¬ chische General Neipperg, welcher mit seinen Truppen ein Lager bei Lie¬ benau bezogen hate, von dort aus die Gebirgsbewohner auf, den Landsturm gegen den Feind aufzubieten Am 23. August, morgens 6 Uhr, sollte zum allgemeinen Aufbruche ge¬ blasen werden und zum Zeichen überdies noch mit allen Glocken von den Kirchen geläutet werden. Jedoch kam es nicht dazu, denn bereits eine Stunde vor der festbestimmten Zeit erhielt der Reichenauer Pfarrer durch den Rad¬ ler Jägerhauptmann von Luxen den Bescheid, daß es mit der Aufbietung des Landsturmes noch ein Weilchen Verzug haben könne, weil der General Neipperg Unterstützung sowohl von kaiserlicher als auch von russischer Seite zu erhalten hoffe, auch die Nachricht bekommen habe, es würden am selben Tage noch zwei Reiterregimenter von den feindlichen Polen und Westphalen als Deserteure im Liebenauer österreichischen Lager ankommen und daselbst zur österreichischen Fahne schwören. Diese Nachricht bestätigte sich, die beiden 124

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