Chronik der Stadt Reichenau

eines Landbesitzes, persönlicher Rachegelüste, Glaubensstreitigkeiten, Straf¬ expeditionen oder aus anderen Gründen. In alter Zeit wurden die Kriege mit mehr Grausamkeit ausgetragen als heute. Der Grund lag wohl in den damaligen Waffen, wie Wagensicheln, Keulen, Morgensternen, Lanzen, Hel¬ lebarden u. a. m. In der Zeit der edlen Ritterschaft im Mittelalter stiegen die Ritter auf ihre Streitrosse und trugen ihre Streitfälle mit Lanze oder Schwert mitein¬ ander auf offener Kampfbahn aus. Diese Art von Kriegführung mag wohl die einzig richtige und am wenigsten Opfer fordernde gewesen sein, da hiebei nicht das an dem Streite unschuldige Volk seine Haut zu Markte tragen mußte. Für unser Reichenau mögen wohl als erster Krieg die Hussitenstürme in Betracht kommen, durch welche der damals noch junge Ort mehr oder weni¬ ger in Mitleidenschaft gezogen wurde. Wie Schwarzecker in seiner Geschichte über Reichenau berichtet, war Herr von Waldstein als Besitzer der Herrschaft Swijan, zu welcher auch Reichenau gehörte, selbst scheinbar Anhänger des hussitischen Glaubens und wurden seine Besitzungen vor arger Drangsalie¬ rung durch die Kriegsscharen der Hussiten verschont. Auf der alten Land¬ traße von Prag über Jungbunzlau und Turnau kamen wohl öfters die hus¬ sitischen Heerscharen durch Reichenau, um nach den deutschen Ländereien zu marschieren. In Kaschen war auf einer Anhöhe ein Wachposten aufgestellt, welcher das Nahen der Hussiten zu melden hatte. Auf ein vom Posten gege¬ benes Warnungszeichen flohen die Bewohner mit ihrem Vieh und wertvoller Habe entweder in die Liskaschlucht oder in das als Mankeloch bezeichnete lange Tal. Der Name „Maukeloch“ läßt in seinem Sinne zweierlei Deutun¬ gen zu. Die Bewohner fanden in der verborgenen, schwerauffindbaren Talschlucht ein sicheres Versteck für sich, ihr Vieh und andere Wertsachen Noch heute heißt es im Volksmunde, wenn jemand Geld oder Geldeswert an sicherer Stelle verbirgt, er legt es in die Mauke. Andererseits verlautet die Sage, daß die Flüchtlinge in Ermangelung anderer Lebensmittel aus Schwämmen, Wurzeln und Waldbeeren eine Manke kochten, wodurch die Schlucht den Namen erhalten hätte. Möglicherweise können beide Deutungen zur Entstehung des Namens „Mankeloch“ beigetragen haben. Durch Jahrzehnte wütete in Böhmen und Deutschland der grausame Hussitenkrieg, wer nicht zu ihrem Glauben schwor, wurde erschlagen, Städte, Schlösser, Kirchen und Amter verwüstet und niedergebrannt. Schwarzecker schreibt, daß die letzten Hussitenscharen an jenem Tage durch Reichenau zogen, als im Jahre 1449 der Ort Gablonz in Schutt und Asche gelegt wurde, Reichenau und Radl blieben von den Greueln verschont und blieben bestehen, während das zerstörte Gablonz durch 70 Jahre wüst liegen blieb (der Name des Ortsteiles Wustung weist darauf ebenfalls hin, denn Wustung = wüster Platz) Aber noch bevor die Hussiten in unsere Gegend vorgedrungen waren, wurde Reichenau und das benachbarte Radl in einen Kriegszustand versetzt. Bekanntlich verkauften die Klosterherren von Münchengrätz im Jahre 1419 die Herrschaft Svijan an die Grafen von Waldstein. Als der Verkauf dem Herrn Benesch von Kowan auf Burg Friedstein zu Ohren kam, verlangte er, wie Schwarzecker berichtet, die Ortschaften Reichenau und Radl als seiner Burg näher liegend, für sich und besetzte die Orte mit seiner Mannschaft. Der Verlauf dieser unrechtmäßigen Besitznahme ist bereits früher in aus¬ führlicher Weise niedergeschrieben Nach den Hussitenkriegen kamen die Aufstände der von ihren Grundher¬ ren allzu schwer bedrückten Bauern. Wenn auch die Leibeigenen der Wald¬ 84 115

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