Chronik der Stadt Reichenau

Infolge alles dessen habe ich mehrmals mit dem Umgehungs=Kommissär, den Herren Geschäftsleitern und Bevollmächtigten der löbl. Eisenbahngesell¬ schaft Rücksprache genommen und gleich beim Beginn des Baues dieselben um die Entschädigung und Einlösung meines Hauses angegangen Die löbl. Herren sicherten mir auch zu, daß ich über alles von ihnen würde entschädigt werden und mein Haus würde auch wegen Feuersgefahr, als der Bahn zu nahestehend, eingelöst werden, auf welches Versprechen ich mich auch geduldig verhielt und der Eisenbahnbauunternehmung keine Schwierigkeiten in den Weg legte. Doch jetzt werden diese Herren wortbrüchig und ohne mich nach dem Vor¬ gesagten zu entschädigen, oder mich um die Einlösung meines Hauses zu fragen, erschien im Verlaufe der letzten Woche der Baumeister Schwarz¬ bach aus Gablonz und bedeutete mir, daß er mein Haus im Auftrage der löbl. Eisenbahngesellschaft teilweise einreißen und feuerfest von Schiefer und Steinen bauen werde, ohne mir eine Entschädigung über die Veränderung und Vornahme dieses Baues anzubieten. Da ich ihm diese Unternehmung ohne Entschädigung verweigerte, drohte er mit Gewalt, seinen Plan durch¬ zusetzen. Gegen diese Vermessenheit, die die löbl. Eisenbahngesellschaft sich anmaßt, kann ich mich durchaus nicht zufriedenstellen, und fühle mich genötigt, Be¬ schwerde zu führen und zur gerechten Aufrechterhaltung meines Eigentums die Hilfe des löbl. k. k. Bezirksamtes in Anspruch zu nehmen. Nach dem Eisenbahn=Konzessionsgesetze vom 14. September 1854, L. A. B. Nr. 238, § 10 a, d. a. ist die Eisenbahnunternehmung verpflichtet, die allgemeinen Bau¬ und besonderen Vorschriften zu erfüllen. Dahin gehören die nach erwähntem § 10 a. d. a. Vorschriftsmaßregeln gegen Feuersgefahr und desselben § 10 a. d. b. ist die Eisenbahnunternehmung verpflichtet, allen Schaden an öffent¬ lichem und privaten Gute zu ersetzen, der durch den fraglichen Eisenbahnbau veranlaßt wird. Ferner hat die Eisenbahnunternehmung solche Vorkehrun¬ gen zu treffen, daß die angrenzenden Grundstücke und Gebäude weder wäh¬ rend des Baues, noch in der Folge Schaden leiden und sind verpflichtet, zu haften. Der Gefertigte ist zwar weit entfernt davon, die öffentliche Ruhe und Ordnung zu stören, aber auch fest entschlossen, zur Aufrechterhaltung seines Eigentums und des Schutzes gegen Feuersgefahr alle gesetzlich zu Gebote stehenden Mittel zu ergreifen und jedes gewaltsame Verfahren der Eisen¬ bahnunternehmung zu hindern. Daher bitte ich, das löbl. Bezirksamt geruhe das vorgesagte über das Haus Nr. 76 in Reichenau kommissionell zu untersuchen und zum gütigen Vergleichsversuche der löbl. Eisenbahnunternehmung und dem betreffenden Hausbesitzer Nr. 76, Johann Müller, einen Tag festzusetzen und dahin zu wirken, daß die Eisenbahnunternehmung entweder das fragliche Haus Nr. 76 in Reichenau um den Anbotspreis von 1400 fl. C. M. einlöst, oder aber derart feuerfest von Stein oder gebrannten Ziegeln zum Bedarf des Ge¬ werbes für Johann Müller gegen Entschädigung an denselben nach dem jetzigen Zustand herstellt und daß ein feuerfester Holzschupfen zur Aufbe¬ wahrung des Holzvorrates für Johann Müller und selbst zum Schutze der Feuersgefahr für die Gemeinde erbaut werde. Reichenau, am 11. Juni 1858. Johann Müller.“ Jedenfalls mochte das Bezirksgericht in Gablonzüber diese Streitsache nicht zuständig sein, denn die Angelegenheit wurdean das Kreisamt in Jungbunzlau geleitet. Nach vier Wochen erhielt derKläger eine Zuschrift folgenden Inhaltes: 102

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