Chronik der Stadt Reichenau

habe. In Unkenntnis der Zubereitung habe seine Haushälterin, die „Flurel Liese“ die ungebrannten Kaffeebohnen wie Erbsen oder Linsen gekocht, doch wurden diese Bohnen trotz langem Kochen nicht weich und das Wasser wegen einer Bitterkeit auch nicht zu genießen. Erst von der nächsten Reise brachte Schöffel aus Prag das Geheimnis des Kaffeekochens mit, aber nur all¬ mählich fand das uns heute unentbehrliche Getränk in den wohlhabenden Familien Eingang und erst durch das Aufblühen der Olmalerei und Glas¬ industrie wurde Kaffee das Gemeinschaftsgetränk aller Volksschichten Schwarzecker und auch Augustin Weiß berichten über Fleischpreise aus der guten alten Zeit. Im Jahre 1746 kostete ein Pfund Rindfleisch 6 kr., Schweinefleisch 8 kr., im Jahre 1780 Rindfleisch 10 kr., Schweinefleisch 14 kr. Wegen anhaltender Dürre und Futtermangel fiel der Fleischpreis im Som¬ mer desselben Jahres auf 4 kr. für Rindfleisch und 7 kr. für Schweinefleisch. Für das Jahr 1843 sind die Preise mit 16 und 20 kr. für die Fleischsorten angeführt. Von dieser Zeit an stiegen die Preise ständig. Im Jahre 1876 kostete das Rindfleisch bereits 26 kr. und das Schweinfleisch 30 kr. und stieg bis zum Schlusse des 19. Jahrhunderts für 1 Kilo Rindfleisch auf 1 Krone 12 Heller und für Schweinefleisch auf 1 Krone 20 Heller Um das Jahr 1880 wurden bei uns die neuen Maße und Gewichte: Meter, Liter und Kilogramm eingeführt, wodurch eine allgemeine Verteu¬ erung der Waren hervorgerufen wurde. Das alte Pfund hatte 32 Lot, das neue halbe Kilo aber nur 24 Lot. Der Kilopreis wurde gegen das Pfund¬ gewicht verdoppelt, der Käufer erhielt aber statt 64 Lot nur 48 Lot für das¬ selbe Geld. Ein Seidel Milch kostete bis zu dieser Zeit 3 kr., der neue Liter 10 kr., wodurch eine Verteuerung um nahezu ein Drittel eintrat Noch eines wichtigen, uns heute unentbehrlich scheinenden Nahrungs¬ mittels sei hier Erwähnung getan und ist es die Kartoffel, Erdäpfel (Ard¬ buhne), welche unsere Vorfahren in früherer Zeit noch nicht kannten. In welcher Zeit diese Frucht bei uns in Reichenau eingeführt wurde, ist unbe¬ kannt, doch scheint sicher zu sein, daß die Kartoffel im 30jährigen Kriege (1618 bis 1648) bei uns noch nicht angebaut wurde. Die ersten Nachrichten über den Kartoffelanbau in Reichenau stammen von Augustin Weiß, welcher den Preis für einen Strich Kartoffeln im Jahre 1805 in der Höhe von 12 fl. angibt. Im Vergleiche zu den jetzigen Preisen und der Geldentwertung muß der damalige Kartoffelpreis als sehr hoch bezeichnet werden, welcher Umstand darauf schließen läßt, daß die Kartoffeln zu dieser Zeit noch nicht in der heutigen Menge angebaut wurden. Im Jahre 1840 gibt der Maler Anton Ullrich den Preis für einen Strich Kartoffeln mit 2 fl. an, also nur den sechsten Teil. Um die Jahrhundertwende betrug der Preis in guten Erntejahren durchschnittlich 2 Kronen für 50 Kilogramm Die vielseitige Verwendungsmöglichkeit sichert heute wohl der Kartoffel den ersten Platz unter allen Lebensmitteln und haben auch seit ihrem Anbau die früher öfters eintretenden Hungersnöte zum Wohle der Bevölkerung auf¬ gehört. Um das Jahr 1825 versuchte der bei Johann Schöffel als junger Dosen¬ maler beschäftigte Ignaz Müller an Stelle der kleinen Dosenbildchen grö¬ ßere Gemälde auf grundierte Holzplatten zu malen, wobei er zufriedenstel¬ lende Erfolge erzielte. Durch das Gelingen angespornt, überging er zum Malen auf Blechtafeln und später auf grundierte Leinwand. Nachdem er sich in der neuen Malerei genügend Kenntnisse erworben und ausgebildet hatte, verließ er die Dosenmalerei und wandte sich ganz dem neuen Fache zu. In kurzer Zeit drängten sich die jungen Dosenmaler als Lehrlinge zu ihm und in wenig Jahren war Reichenau weit über die Grenzen des Landes als 95

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