Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

mm mm Braunau am Inn, Stadtpfarrkirche, Altarbiatt des Pestaltares aus der 1743 abgebrochenen Leprosenkirche mit einer Stadtansicht von Braunau Das Volk stellte sich die verheerend auftre tenden Infektionskrankheiten so vor, daß sie wie Pfeile, Blitzen gleich, vom Himmel herab geschleudert würden. Diese Vorstellung ist noch auf zahlreichen bildlichen Darstellun gen erhalten: Gott schleudert vom Himmel die tödlichen Pfeile, der heilige Sebastian, selbst von Pfeilen durchbohrt, steht als Für sprecher zur Seite. Einen zweiten Themenkreis, dem sich Eduard Kriechbaum bevorzugt zuwandte, bil den das Wallfahrtswesen und die volkstümli chen Schutzpatrone. Beides behandelt er nicht in ausschließlich historischer Betrach tung, sondern stets in Verbindung zur aktuel len Situation. Von Bedeutung für die Erforschung der Volksfrömmigkeit sind beispielsweise Kriech baums Abhandlungen über die Volkswallfahrt zur Valentinskirche nach Haselbach. Hier opferte man dem heiligen Valentin, dessen Gebeine im 8. Jahrhundert v. Chr. von Trient — wohl am Wasserweg über den Inn — nach Passau überführt wurden'''', in tönernen Kopfurnen^^ Getreide, um von der „fallen den" Sucht^® der Epilepsie, aber auch von Fraisen und verschiedenen Kopfleiden be freit zu werden. Da mußte man Getreide, das man von neun verschiedenen Bauern geschenkt bekom men hatte, in die meist nach oben oder auch nach unten hin mit einer runden Öffnung ver sehene Kopfurne füllen. Mit dieser ging man um den Altar des heiligen Valentin herum und schüttete anschließend das Getreide aus dem Tonbehälter in eine nach oben hin vergit terte Holztruhe, die hinter dem Altar stand. Diese Getreideopferung wurde besonders am 7. Jänner, dem Festtag des Heiligen, ge übt und dürfte bis gegen Ende der Dreißiger jahre nachzuweisen sein.^" Eduard Kriechbaums Einstellung zu den mannigfachen Erscheinungsformen des Volksglaubens ist geprägt durch die bewußte Verknüpfung seiner Forschungen mit der an gewandten Volkskunde: „In der Versöhnung alten Volksglaubens und moderner Anschau ungen sehe ich ein Ziel der Volksbildungsar beit auf dem Lande."'® Sitten und Bräuche — ein Exkurs Der volkskundlichen Aufnahme von Brauch tum im Sinne einer seriösen Dokumentation widmet Eduard Kriechbaum in der ersten Nummer der von ihm geleiteten Zeitschrift „Der Heimatgau'"® die folgenden Überlegun gen, die jedem im Bereich des Faches Täti gen beherzigenswert sein sollten. Es käme in der Volkskunde nicht auf Dichtun gen, sondern auf gewissenhafte Beobach54

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