Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

tungen an. Der beobachtete Brauch müsse möglichst eingehend dargestellt werden, Kriechbaum verlangt sogar eine „beinahe gerichtsärztliche Tatbestandsaufnahme".^^ Die Aufnahme einer so genau beschriebenen und örtlich sowie zeitlich festgelegten Er scheinung des Volkslebens werde auch dann Ihren Wert behalten, meint Kriechbaum, wenn man vielleicht die „dichterischen Hül len", die sie umschließen, längst als „Krampf" oder „phantastische Dichtung" abgetan habe, denn so manche Deutung erweise sich später als Irrtum.^® Kriechbaums Arbeiten, die sich ausschließ lich oder vorwiegend mit dem Thema Brauch tum, d. I. Sitte und Brauch, befassen, sind zahlenmäßig eher gering, verglichen mit sei nen übrigen Veröffentlichungen; meist be handelt er diesen Bereich In einer Zusam menschau mit anderen Erscheinungen des Volkslebens. Sitte und Brauch sieht er — Im Gegensatz zum Volksglauben — als „Indirekte Äußerun gen des Seelenlebens"^® an, denn es drän gen Gefühlskräfte danach, „sich In Hand lungen Irgendwie zu äußern".®" Wie der Volksglaube, so sind auch Sitte und Brauch mit den sozialen Gemeinschaften eng ver bunden. Hier beherrschen, nach Kriech baum, die Sitten Im allgemeinen ein weiteres Feld und sind „stabiler". „Beide schwanken auch In Ihrer verpflichtenden Kraft nach dem Maße der verpflichtenden Haltung, mit der die Gemeinschaft zu Ihnen steht." Sitte und Brauch können dem Forscher wertvolle Auf schlüsse über das Volk geben, da sie oft ein „viel zäheres Leben" haben als der Volks glaube. Sehr offen nimmt Eduard Kriechbaum Stel lung zum „künstlichen" Wiedererwecken längst untergegangener®^ Volksbräuche: das scheine zwar oft schön, habe aber doch man che Ähnlichkeit mit dem „Aufstellen künstli cher Ruinen"®®, was eine Sache von „Son derlingen"®® sei. Dem solcherart „Wiederbelebten" fehlt ja der natürliche Träger, die volkstümliche Gemein schaft. Hingegen Ist Im Sinne einer gegen wartsbezogenen Betrachtungswelse neu sich entwickelndes Brauchtum gewissenhaft zu beobachten. Mitunter können auch Zufälle zu seinem Ent stehen beitragen. Als Beispiel sei die Melodie des Liedes „Stille Nacht, heilige Nacht" ange führt, die vor bald 170 Jahren geschaffen wur de und bis heute In vielen Ländern zu einem weihnachtlichen Symbol geworden Ist. Mit für Ihr Entstehen Ist ein höchst prosaischer Zufall verantwortlich: die Orgel der Kirche St. Niko laus In Oberndorf war gerade defekt, so kom ponierte der Lehrer und Organist Franz Xaver Gruber ein Lied zur Gitarre, das noch am glei chen Tag aufgeführt wurde.®'* Mit Sicherheit handelt es sich bei alternativen Therapieformen, Schamanismus und neuem Okkultismus nicht um Neubildungen, son dern um Rückgriffe auf ältere, oft weitverbrei tete Vorstellungsformen. Eine entsprechende allgemeine Bewußtseins- und Stimmungs lage In der Bevölkerung mag aber Vorausset zung dafür sein: ein welter Bereich für künftige Interdisziplinäre Forschungs vorhaben! Europäische Meisterzeichnungen des 19. Jahrhunderts STADTMUSEUM LINZ-NORDICO, Bethlehemstraße 7 3. Dezember 1987 bis 10. Jänner 1988 Geschlossen: 24. bis 26., 31. 12. 1987 und 1. 1. 1988 Mit ausführlichem Katalog EUERBA inufeuni Das einzige Bauernkriegsmuseum Österreichs! Großartige Zinnfigurendioramenl Geöffnet vom 1. Mai — 31. Oktober Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag: 9—12 Uhr und 14.30—17 Uhr Sonntag; 14—16 Uhr Gruppenführungen nach Vereinbarung (Anmeldung: Museum 0 72 76 / 20 14 oder Marktgemeinde Peuerbach 0 72 76 / 22 55) 55

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