Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

Seit der 1960 begonnenen Konservierung der Burgruine Wildenstein durcti den Isctiier Heimatverein ist das offene Singen auf dieser historiscfien Stätte ein beliebter Brauch. — Foto: Josef H. Handiechner, Bad Goisern Wie sehr altes und neues Brauchtum das Leben in einer Stadt verschönern kann, zeigt sich am Beispiel von Bad Ischl, Von oben nach unten: Ischier Bergfest in Perneck Jahrgangsfeier am Lichtbrati-Montag Stimmungsbild vom ischier Stadtfest. — Fotos: Josef H. Handiechner, Bad Goisern r Rahmen bescheidener Feiern die Schlüssel „offiziell" übergeben werden . . . und das ge schieht meist in brauchähnlichen Formen. In den üblichen Tagesnachrichten über zwi schenstaatliche Politikertreffen wird kaum einmal versäumt, den Handschlag der Part ner ins Bild zu bringen, Szenen, die für Fern sehen und Fotografen sogar eigens gestellt werden. Der allen solchen Handlungen, Symbolen und Gesten innewohnende Sinn ist es also, Versperrtes aufzuschließen, Hin dernisse wegzuräumen oder Freundschaft und guten Willen sichtbar zu machen. Nicht unerwähnt darf der Einsatz von Licht und Feuer als ein besonders kräftiges Aus drucksmittel bleiben. Auf das vom Olymp ge holte und in einer staunenswert langen Sta fette an den Ort der Spiele gebrachte Feuer ist vordem schon erinnert worden. Auf eine Lichtstafette der Kath. Jugend (1954 Licht von Lourdes) geht — zunächst unbeabsichtigt — die alljährliche Dreikönigsaktion der Miva zu rück; seit mehreren Jahren tragen Gläubige das in der Osternacht neu entzündete Licht in Laternen in ihre Wohnungen. Ganze Lichter inseln entstehen auf Friedhöfen und vor Ge denkkreuzen als „Ersatzgräber" für die uner reichbar oder unauffindbar gewordenen Ruhestätten der Kriegs- und Vertreibungsto ten — ein volksfrommer Brauch, der eigent lich erst nach dem Jahr 1945 seine entschei denden Ansätze gefunden hat. Gelegentlich der Einweihung der Wallfahrtskirche Maria Schnee am Hiltscher Berg (5. 8. 1984) holte der Bürgermeister von Leopoldschlag das „Ewige Licht" aus Maria Zell und ließ es von den Jugendlichen aus seiner Gemeinde zum Festaltar der knapp an der Staatsgrenze er richteten Kapelle bringen. Auch die bis zur Mitte der fünfziger Jahre hierzulande gänz lich unbekannten Laternenumzüge zu Martini sind inzwischen zu einem fixen „Programm" im ganzen Lande geworden. Man vergesse auch nicht die Blume, die am Valentinstag brauchtümlichen Einsatz findet oder am Mariä-Himmelfahrtstag neuerdings den wesentlichen Anteil im wiederentdeckten Brauch der Kräuterweihen ausmacht. Das süße Lebzeltherz, das bis vor wenigen Jahren noch auf den Trauntaler Liebstatt brauch beschränkt war, ist neben Valentin und Muttertag zum Hauptthema lokaler Bräuche geworden, wo sich als Neubrauch der „Herzerl-Sonntag" wachsender Beliebt heit erfreut. Eine zwischen Brauch und „Aktion" liegende Erscheinung, der man sich nicht gänzlich entziehen kann, sind alle jene Nachdenk end Gedenktermine, die sich unter dem Be griff „Mahntage" am besten zusammenfas sen lassen. In ihnen schwingen ideologische, religiöse, politische, doch auch kommerzielle Absichten mit. Diese „Tage" sind da, sie ste hen in den Kalendern, werden kaum richtig begangen, obgleich sie als Mahnung durch aus von Nutzen wären. Im Moment kann auch noch nicht abgesehen werden, ob sich die Tage des Baumes, des Waldes, der Tracht, der Alten, des Kindes, der Familie 49

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