Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

'i £|f-3>^ l Oben: Adventblasen in Linz. Dieser Brauch ist in Linz seit dem Jahr 1956 üblich. — Foto: Kurt Aigner, Linz Unten: Am Vorabend des Dreikönigstages ziehen in Bad Ischl neben den Giöckiern die „Dreikönigsreiter" durch die Stadt. Eine Hirtengruppe singt an bestimmten Plätzen alte Weihnachtsiieder. — Foto: Josef H. Handiechner, Bad Geisern Würdezeichen, scheint zurzeit überhaupt ein auffaiiend großes Bedürfnis zu herrschen. In seinem Buch „Wiederentdeckung der Volksreiigiosität" (1979) meint Jakob Baumgartner: „Symbole und Bräuche sind für uns nicht mehr verpflichtend, doch wir sind berufen zur Pflege und dazu, sie sinnvoll zu erklären." Diese Überlegung läßt sich unschwer auch auf die im profanen Brauch verwendeten Sinnbilder beziehen, wo sie so zahlreich ein gesetzt werden. Wohl sind es „Symbole ohne Glauben", dennoch aber mit einer für jeder mann leicht zu entziffernden Bedeutung versehen. So pflanzen in vorbildhafter Absicht Promi nente oder Hochzeiter, sei es zum Gedenken oder zum Umweltschutz, junge Bäume. An Regimenter wie auch an zivile Slchutzmannschaften und der Kunst und Volkskultur ver bundene Vereine werden feierlich Fahnen übergeben. Seit wann es aber verbindlicher Brauch ist, Patinnen zur Fahnenweihe heran zuziehen, das ist schwer herauszufinden. Die Ergänzung der Vereinsfahnen durch Bänder oder auch durch Schmucknägel für die Schäfte dürfte im 19. Jahrhundert allgemei ner Vereinsbauch geworden sein. Von zei chenhafter Bedeutung ist der Einsatz weißer Fahnen auf Gebäuden mit unterschiedlichen Bestimmungen geworden. Kaum mehr wird eine weiße Fahne zum Zeichen der Kapitula tion, der bedingungslosen Unterwerfung, ge braucht. Auf den Dächern von Spitälern, Ge fängnissen und seit einigen Jahren auch auf Mittelschulgebäuden drückt die weiße Fahne die Freude über einen für die betreffende In stitution charakteristischen Erfolg aus. Unbedingt sind unter die Brauchgeräte auch eine Reihe von Würdezeichen zu zählen, deren Einsatz nicht ailein Repräsentation be deutet, sondern auch als Sinnbild verstanden werden will. Gedacht ist hier an die für Ober österreich seit 1974 existierende Bürgermei sterkette; dieser repräsentative Amtsbrauch — bis dahin hierzulande in dieser Verwen dung völlig unbekannt — hat baid Nachah mung gefunden und gehört seither in Verbin dung mit Stadterhebungen neben Wappen und Fahne überall zur Ergänzung des Insignienschatzes. Was 1773 Maria Antoinette in Paris ernsthaft angeboten und im Rokoko bereits spielerisch vollzogen worden war, nämlich die Überrei chung eines Stadtschlüssels, ist heutzutage eher zu einem Faschingsbrauch herabge sunken. Zeremonieil überreichte Stadt schlüssel sperren sicherlich kein Tor auf, doch die Gebärde an sich wirdi verstanden und wenn es schon nicht verbindlicher Brauch ist, ist es doch üblich, wenn manch mal zum Zeichen der Benützung und des Beziehens von Amts- oder Wohngebäuden im 48

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