Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 4, 1982

ihm damals seine Rezensenten zubilligten, bleibt auch heute unbe stritten; natürliche Begabung, untrügliches Talent für starke Büh nenwirkungen und bühnensichere, immer auf knappe Formeln ge ballte Aussage- und Gestaltungskraft. Die weiteren von Max Pfeffer verlegten Bühnenwerke, die Komödie ,,Kilians Hosenknöpfe", das Kammermusikspiel,,Die Vier um Schubert" und,,SOS", ein Drama in drei Akten und einem Epilog, hat der Verfasser in den von ihm selbst erstellten Unterlagen zu seiner Bibliographie unerwähnt gelassen. Seine ,,Fäpstin Johanna" fand scheinbar auch kein Echo. Der große Wurf gelingt Hermann Heinz Ortner, wie früher schon er wähnt, schließlich mit der dramatischen Legende ,,Tobias Wunder lich", die 1929 bei Paul Zsolnay als Buch erscheint. Das Werk faszi niert ein breites Publikum. Das güt nicht nur für die Burgtheaterpre miere mit Ewald Baiser in der Titelrolle am 15. Juru 1929, sondern für alle Sprechbühnen, wo immer man den ,,Tobias" spielt. Im Linzer Landestheater geht das Erfolgsstück am 20. Februar 1930 erstmals in Szene. Die Legende handelt vom armen Holzschuhmacher Tobias Wunderlich, dem es gelingt, die Statue der heUigen Barbara aus dem gotischen Flügelaltar, den die Gemeindeväter zur Versteigerung aus geschrieben haben, zum Leben zu erwecken und sie in seiner Hütte zu bergen. Es ist die Einfalt des Herzens, die das Wunder bewirkt. Die bewegte Handlung rings um das legendäre Ereignis wird von einem Handwerksburschen als Spielansager von Akt zu Akt begleitet. Das Wunderbare will im Mantel des Schweigens geborgen bleiben, sonst erlischt es gleich einer zarten Flamme im Windhauch. Auf seine Frage ,,Und das alles ist wirklich?" erhält Tobias von der Heiligen zur Ant wort: ,,Nit so viel reden! Gar nichts ist wirklich!" Wunder erblühen eben nur in der StUle eines gläubigen Herzens, will uns der Dichter damit sagen. ,,Und seh'n Sie" - damit verabschiedet der Spielansager das Publikum -,,was Tobias nicht glauben wollte, geschah: Er lernte schweigen . . .". Jahre danach, mitten im Kriege, schreibt ein Thea terrezensent: ,,Die Aufführung ist ein Erlebnis, wie man es nur ganz selten einmal hat. Sie war die Erfüllung einer Sehnsucht." Josef Haas hat Ortners „Tobias" als Oper vertont. Sie erlebte am 24. November 1937 in Kassel ihre Uraufführung. Eine sehr originelle Inszenierung erfuhr die Oper 1961 im Münchner Theater am Gärtnerplatz. Durch alt-oberbayerische Perchten erzielte die Regie seltsam märchenhafte Wirkungen. Seit der ,,Tobias"-Premiere ist Hermann Heinz Ortner, wie die Blätter des Burgtheaters in ihrer Jänner-Ausgabe von 1956 bekanntgeben, mit weiteren sechs Werken in den Spielplänen des Burgtheaters er schienen. Mit über 200 Aufführungen von sieben seiner Werke bis 1955 steht Ortner in der Reihe der am häufigsten gespielten österrei chischen Dramatiker der Gegenwart an erster Stelle. Nach dem ,,To bias" waren es ,,Schuster Anton Hitt", eine Liebestragödie einfacher Menschen, die seit ihrer 1932 erfolgten Uraufführung mit Ewald Bai ser und Maria Eis über40mal am Spielplan stand, ,,ßeef/joi'en", wieder mit Ewald Baiser in der Titelrolle, ferner, ,Himmlische Hochzeit", eben falls nüt Ewald Baiser, Hüde Wagener, Auguste Pünkösdy und Fred Hennings in den Hauptrollen, und ,,Isabella von Spanien" mit Maria Eis und Fred Liewehr. ,,Das Paradiesgärtlein" mit Hermann Thimig, Ferdinand Meierhofer und Alexander Trojan erlebte 130 Aufführun gen. Dazu kommt noch die Komödie,,Himmeltau" mit Alma Seidler, Raoul Aslan und Hermarm Thirrüg. Für Ortners Rollen hatte das Burgtheater jeweils seine Pronünenz aufgeboten, was von dem An sehen, dessen sich der Autor auf dem bedeutendsten Sprechtheater deutscher Zunge erfreuen konnte, zeugt. Ein Spiel vom Glauben und seinen Wundern, die,,Sebastianlegende", ist die zweite Dichtung einer zwar geplanten, jedoch nicht abgeschlossenen Trilogie ,,Wunder", denn das bereits angekündigte Spiel von ,,Katharinas Verkündi gung" blieb Entwurf. Später hat der Dichter das Sujet für einen un veröffentlicht gebliebenen Roman gleichen Namens gewählt. Das geht aus dem Programm zu einem Leseabend Albin Skodas aus Ort ners Werken am 25. Mai 1956 in Wien hervor. Noch rde hat der Dich ter, wie er gegenüber einem Presseberichterstatter äußerte, eine Idee so rasch verwtrkücht, wie die zu seiner ,,Sebastianlegende". Ortner hat das Stück im Winter 1929 innerhalb von drei Wochen niederge schrieben. Er lag damals nach einem SkiunfaU für einige Zeit zu Bett. Das Martyrium des heiligen Sebastian war ihm zum packenden inne ren Erlebnis geworden; die stigmatisierte Therese Neumann von Konnersreuth beschäftigte den Dichter ebenso, war er doch auf der Suche nach einer Gestalt, die aus dem seelischen Mitleiden selbst die äußeren Verwundungen empfängt. Ortners Sebastian ist alles eher derm ein Heiliger, vielmehr ein landstreichender Dieb. Die Handlung ist im 16. Jahrhundert angesetzt, der Dieb erleidet jedoch die näm liche Folter wie sein Namenspatron St. Sebastian. Die Frau, die den Landstreicher liebt, erduldet kraft ihrer Glaubensglut die Leiden so wohl des Heiligen wie des Geliebten, die im Spiel seltsam eins wer den, und empfängt so deren Wundmale. Auch hier, wie im,,Tobias", vermischt sich das Wunderbare mit mystischen und erotischen Ele menten. Ortner sieht in Liebe und Glaube die Grundbegriffe allen Seins. Die Exlbühne hat die Legende im Wiener Raimund-Theater ur aufgeführt. In der Neuen Freien Presse schrieb kein Geringerer als FeUx Saiten nach der Aufführung über den Autor: ,,Er bezwingt sie alle. Er scheint ein Verwandter Anton Bruckners zu sein ..." Das pazifistische Drama,, Wer will unter die Soldaten" mit dem Unterti tel ,,Ein Nebeneinander in einem Vorspiel und drei Akten", als Buch 1930 bei Zsolnay erschienen, hat in Wien einige Beachtung gefunden. In der Frontszene des Vorspiels kreuzen einander Soldatentod und Romantik. Im „Nebeneinander" der folgenden Szenen spiegeln sich die Schicksale im Hinterland: das der Kriegerwitwe, jenes der Ge schäftemacher, die Tragik eines alten Schulrates, das Traumerlebnis eines Jungen, dem der gefallene Vater - es ist der getötete Soldat aus dem Vorspiel - erscheint, das Aufbegehren derer, die am Krieg leiden und der Leichtsinn jener, die an ihm profitieren. Der Dichter Hilz spricht schließlich aus, was Ortners Anüegen gewe sen sein mag: ,,Soldatenspielwaren und ähnliches Zeug sollte von Staats wegen auf allen öffentlichen Plätzen verbrannt wer den! . . . Sehen Sie, man sollte so wie dieses arme Kind mehr Liebe, dafür aber weniger Gewehre - und Patronentaschen - unter die Men schen tragen! . . Literatur G. m. b. H.", in Halle 1931 aufgeführt, zählt wohl zu jenen zeitkritischen Stücken, die - wie,,Amerika sucht Helden" - zwar 1932 im Kristall-Verlag erschienen sind, doch schein bar nicht sonderUch erfolgreich gewesen sein dürften. Diese Tragi komödie geißelt die Rekordsucht der Amerikaner. ,,Schuster Anton Hitt" wurde bei Zsolnay 1932 verlegt und im gleichen Jahr, am 28. De zember, in Linz aufgeführt. Die Tragödie soll auf einer wahren Bege benheit beruhen. Durch den Tod seiner um dreißig Jahre älteren Frau gerät Anton Hitt in Verdacht, die Gattin vergiftet zu haben. Er und Anna, seine Geliebte, gestehen die Mordabsicht, die Schusterin aber war, als sie sich in ihrer Liebe betrogen sah, einem Herzschlag erle gen. Hitt und Anna, von ihrer moralischen Schuld überzeugt, treten reuig vor Gericht. Die szerüsche Gestaltung gelingt Ortner ein drucksvoll und farbig wie auf Breughels KirmeßbUdern. Mit dem Bauernkrieg im Lande ob der Enns und dessen Heerführer Stefan Fadinger haben sich vor wie nach Hermann Heinz Ortner mehrfach oberösterreichische Dichter auseinandergesetzt; so Norbert Hanrieder in seinem Epos ,,Der oberösterreichische Bauernkrieg", Eduard Samhaber mit dem allerdings Fragment gebliebenen Fadin ger-Drama, Franz Keim im Epos ,,StefanFadinger", Gustav Streicher mit der Bühnendichtung,,Stephan Fadinger", sowie Karl Itzinger im „Frankenburger Würfelspiel" und dem Fadinger-Roman „Es muß sein". Schließlich hat auch Carl Hans Watzinger zwei seiner Werke dem Bauemkriegsthema gewidmet. Es sind dies der Roman,,Kaiser, 79

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