Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 4, 1982

ler sah in der geplanten Akademie vor allem die Möglichkeit, ein Bollwerk seiner Kunstdok trin entgegen den Strömungen der Nach kriegskunst zu errichten und durch die Ver mittlung an seine Schüler weltweit zu verbrei ten. Zelt seines Lebens war Kokoschka ein vehementer, ja fast militanter Gegner abstrak ter Tendenzen In der Kunst, und In der Nach kriegszeit, als abstrakte Kunstrichtungen von den USA und Paris her die gesamte Kunst szene zu beherrschen begannen, sah er sich als Einzelgänger und Monolith In einer zerstö rerischen Kunstideologie. Das Bedürfnis nach Befreiung von Ideologien durch Abstraktion, das so viele seiner österreichischen und deut schen Künstlerkollegen nach fast oder über tOjährlger Isolierung vom Kunstgeschehen kennzeichnete, konnte er nicht nachvollzlehen. Obwohl selbst Opfer des HItler-Reglmes und dessen Kunstideologie und lange Zelt In die Emigration gezwungen, konnte er sich der Hinwendung seiner Zeitgenossen zur Ab straktion als Gegenreaktion auf den von Hitler verordneten Naturalismus nicht anschließen und sah In den abstrakten Tendenzen den Un tergang der Kunst. Einige seiner Äußerungen Im Zusammenhang mit der Akademiegründung zeigen, wie sehr sich Kokoschka als Warner und Ideologe ver stand: ,,... mir In der Wahl der Lehrer nicht dreinreden lassen kann. Ich will keineswegs Leute wie Wotruba bei mir haben, die aus äu ßerlichen Gründen In oberflächlicher Welse Zeltmoden wie Kubismus mitmachen, die sich damit vor mir und den Schülern als untaugli che Lehrer qualifizieren. Selbst Henry Moore, der zwar auch ein Modefaxenmacher Ist, wenn er auch zu weniger veralteten Moden greift, kann Ich nicht brauchen, well Ich nur Mitarbei ter haben will, die der Jugend was lehren kön nen. ,,Dle Wahl der Lehrer respektive die Möglich keit jene zu bewegen hinzukommen, die Ich mir wünsche, das macht mir noch Kopfzerbre chen, denn für die abstrakten Nutznießer ma che Ich keine Akademie In Salzburg auf, die regleren ohnedies In der ganzen Welt, warum Ich hier gerade ein Interesse daran nehme, diesem frevlerischen Unsinn ein Paroli zu bie ten. Wenn auch alleinstehend und gegen die Mode und gegen den Strom, dies war ja Immer meinem Wesen gemäß, warum Ich einen bes seren Namen habe, als die ganze Internatio nale Clique zusammen!"® ,,lch hätte Freude daran, wenn es eine Pflege stätte der Kultur In Zukunft würde, der archi tektonische Rahmen, die Tradition, die Fest spiele, die schöne Natur, alles so günstig für die Gründung eines Versuchs die comparativen Künste der jungen Generation nahezu bringen, statt einer öden Malschule, wo man schlummert (ob realistisch oder abstrakt, es \ Oben: Reminiszenz aus Oskar Kokoschkas Zelten. O. K. beim Korrigieren auf der Bastei der Festung Hohensalzburg im Sommer 1962. Foto: F. Schreiber bleibt sinnlos) oder statt Cafehausdiskusslonen oder Theoretlsleren In Pariser Kunstzir keln! Aber jemand muß da energisch eingrei fen . .."® Nach langen Geburtswehen fanden dann Im Jull/August 1953 die ersten Seminare der „In ternationalen Sommerakademie für Bildende Kunst" statt. Oskar Kokoschka war künstleri scher Leiter, Friedrich Welz Verwaltungsdi rektor. Es gab 3 Klassen: die ,,Schule des Se hens", von Kokoschka geleitet, wurde von 27 Studierenden besucht, beim Leiter der Klasse Bildhauerei, Uli NImptsch, waren 4 und In der von Hans Hofmann geleiteten Klasse für Architektur waren 13 Studenten Inskribiert. Die Teilnehmer verbrachten damals Tag und Nacht auf der Festung, denn um Geld zu spaRechts: Oskar Kokoschka Im Kreise seiner Stu denten: Korrektur einer Arbelt nach dem Modell. Der lächelnde Student ist Professor Rudolf Kolbltsch, Linz, damals Anfänger, heute angesehe ner Grafiker und Glasmaler. Foto: Sommerakademie ren, durften sie In spartanischen Schlafsälen Im Festungsgelände übernachten. Von der Geburtsstunde der Sommerakademie an war alles auf die Persönlichkeit von Oskar Kokoschka zugeschnitten. Die patriarchali schen, ja dogmatischen Lehrmethoden wirk ten Insbesondere auf jüngere Studierende als richtungweisende Sinngebung. Auf das Ver hältnis von Meister und Adept spielen zahlrei che, um Kokoschka kursierende Anekdoten an, so zum Beispiel diese, die erzählt, daß der Meister besonders gelehrsame Studenten mit Bonbons, als höchstes Lob sogar mit Zuckerln In handsigniertem Papier belohnte. Im Prospekt für die Sommerseminare 1954 formulierte Kokoschka sein fundamentales Lehrziel: ,,Das Seherlebnis und die Fähigkeit, 44

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