Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 4, 1982

Streitbare Nachbarn Zur Entwicklung der Landesgrenze zwischen Oberösterreich und Salzburg Heinz Dopsch Salzburg und Oberösterreich sind im Ver gleich zu Niederösterreich oder Steiermark relativ junge Länder. Den Saizburger Erzbischöfen geiang im 13. Jahrhundert die Biidung eines großen, geschlossenen Herr schaftsgebietes, das sich erst gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts als eigenes Land von Bayern gelöst hat. Dieses Land Saizburg bil dete dann ein haibes Jahrtausend hindurch ein seibständiges geistliches Fürstentum, das erst im Jahre 1816 endgültig mit Österreich vereinigt wurde. Für Oberösterreich markiert der Friede von Ofen, den König Pfemysi Otakar Ii. von Böhmen im Jahre 1254 mit König Beia iV. von Ungarn schloß, die An fänge einer Landesbiidung, die dann im 16. Jahrhundert endgültig zum Abschluß kam. Aber erst im Jahre 1779 wurde das innviertei mit Oberösterreich vereinigt und damit die gemeinsame Landesgrenze zwi schen Saizburg und Oberösterreich bis an die Saizach verlängert. Die Geschichte die ser Grenze reicht jedoch - selbst wenn man von einigen Paraiieien in der Römerzeit ab sieht - weit vor die Anfänge der Länder Saizburg und Oberösterreich zurück, ihre Anfänge sind gekennzeichnet durch den Ge gensatz der beiden ältesten geistlichen und kuitureiien Zentren auf dem Boden des heu tigen Österreich: des Erzbistums Saizburg mit dem Kloster St. Peter auf der einen und der Abtei Mondsee auf der anderen Seite. Zwischen Bayern, Salzburg und Oberösterreich - St. Wolfgang und das Mondseeland Mit dem hl. Rupert, der sich im Jahre 696 in den Ruinen der alten Römerstadt Juvavum, dem heutigen Saizburg, niederiieß, beginnt die mitteiaiteriiche Geschichte Salzburgs. Rupert errichtete in Anknüpfung an ältere kirchliche Traditionen das Kloster St. Peter und gründete um 713/15 das Frauenkioster Nonnberg auf einer hochgelegenen Terrasse über der Stadt. Beide Klöster wurden von den bayerischen Herzogen und dem Adel reich ausgestattet. Nachdem bereits Herzog Theodbert (um 712/20) zugleich mit der Kir che von Thaigau auch ein Drittel der Fisch rechte im Mondsee und im Abersee (Woifgangsee) an Nonnberg übertragen hat te, schenkte Herzog Odilo (735-748) das Kiösterchen Eisenwang (bei Hof), ,,in dem einige Mönche von ihrer eigenen Hände Ar beit lebten", mit dem Fuschisee und dem Abersee samt Weiden, Wiesen, Wäldern, Fisch- und Jagdrechten an das Kloster St. Peter. Kurz vor seinem Tode, wahrscheinlich im Jahre 748, gründete Herzog Odilo das Klo ster Mondsee. Dieses Kloster soll der Haus tradition nach direkt mit Mönchen aus Monte Gassino, der ersten Kiostergründung des hl. Benedikt, besiedelt worden sein. Neuere Forschungen lassen jedoch eher auf eine Besiedlung aus St. Peter in Saizburg schlie ßen, das damals unter dem Abt und Bischof Virgil eine große Blüte erlebte. Auf kulturel lem Gebiet war jedenfalls die Verbindung zwischen den beiden Klöstern derart eng, daß es heute in vielen Fällen nur schwer möglich ist, die Im 8. und frühen 9. Jahrhun dert im Salzburger Raum entstandenen Prunkhandschriften mit Sicherheit der Schreibschule von St. Peter oder jener des Klosters Mondsee zuzuweisen. Um das Gebiet des Abersees und die großen Wälder in der Umgebung scheint es jedoch schon im 8. Jahrhundert zwischen Salzburg und Mondsee zu Streitigkeiten gekommen zu sein. Die kurzen Aufzeichnungen (Breves Notitiae), ein Güterverzeichnis, das nach Er hebung Salzburgs zum Erzbistum im Jahre 798 angelegt worden war, berichten nämlich auch, daß Herzog Odilo die Zelle Eisenwang, den Fuschisee und den Abersee mit Jagdund Fischrechten an St. Peter in Salzburg geschenkt habe. In einem anderen Absatz dieses Güterverzeichnisses werden jedoch die Salzburger Jagdrechte in diesem Gebiet sehr genau begrenzt. Die Grenzlinie verläuft von Salzburg über Thalgau und Elsenwang zum Fuschisee, von dort zum Ditlbach (der westl. von St. Woifgang in den Abersee mündet) und dann mitten durch den Abersee zum Zinkenbach. Der gesamte Forst im Sü den von diesem Teil des Abersees sollte zu Salzburg gehören. Diese Grenzziehung schloß aber den östlichen Teil des Abersees, den Untersee, samt dem umgebenden Forst vom Salzburger Besitz aus. Man gewinnt aus diesen widersprechenden Nachrichten den Eindruck, daß bereits damals der Aber- oder Wolfgangsee zwischen Mondsee und Saiz burg umstritten war. Im Jahre 829 erreichte dann Abt Lantpert von Mondsee, daß der ostfränkische König Ludwig der Deutsche den Abersee mit allem Forst im Umkreis an das Kloster Mondsee schenkte. Der Königsbote, der den Abt und die Mönche von Mondsee in den Besitz der geschenkten Güter einzuführen hatte, legte die Grenze wieder zwischen den Einmün dungen des Zinkenbaches und des Ditlbaches in den Abersee fest. Auch nach dieser Grenzziehung sollten der Ostteil des Aber sees und das gesamte im Osten und Norden anschließende Gebiet bis zum Attersee dem Kloster Mondsee gehören. In Mondsee hat man, um die Ansprüche abzusichern, später noch eine gefälschte Urkunde auf den Na men König Ludwigs angefertigt. Ludwig der Deutsche übergab jedoch im Jahre 833 das Kloster Mondsee dem Bistum Regensburg, wodurch es von einem Reichskioster, das nur dem König unterstand, zum bischöfiichregensburgischen Eigenkioster wurde. Bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts erhielt Mondsee überhaupt keinen eigenen Abt und bis zum Jahre 1808 mußten dann die Äbte von Mondsee die Besitzungen und Hoheits rechte des Klosters von den Bischöfen von Regensburg zu Lehen nehmen. Damit wurde das Bistum Regensburg zum Grenznachbarn des Erzstlftes Saizburg und die Streitigkeiten um den Abersee mit den umliegenden Forst gebieten, den Jagdrechten und der Fischerei lebten von neuem auf. Im Jahr 843 hielten Erzbischof Liupram von Salzburg und Bischof Baturich von Regens burg mit der Bevölkerung des Aberseegebietes einen Gerichtstag ab, um zu einer end gültigen Grenzregelung zu kommen. Im An schluß daran kamen der Erzbischof und Graf Nordbert als der königliche Amtsträger In diesem Gebiet an den Abersee, um die Grenze durch den See zu markieren. Eine Anzahl erfahrener und glaubwürdiger Män ner wurde beauftragt, den See mit einem Schiff zu befahren, um die Grenzzeichen zu setzen. Nach Ihrer Aussage verlief die Grenze vom Zinkenbach und vom Ditlbach über den Schafberg. Westlich und südlich davon sollte alles Gebiet dem Erzbischof von Salzburg gehören. Der östliche Teil des Abersees blieb auch durch diese Grenzzie hung im Besitz des Klosters Mondsee und damit des Bischofs von Regensburg als des sen Eigenkirchenherrn. In diesen langwierigen und zähen Auseinan dersetzungen ging es weniger um den Grundbesitz als um die Fisch- und Jagdrech te. Vor allem der Fisch war nicht nur als Fa stenspeise von allgemeiner Bedeutung, son dern er war auch das einzige tierische Ei weiß, das den Mönchen, denen der Genuß von Fleisch untersagt war, zur Verfügung stand. Deshalb trafen Erzbischof Liupram von Salzburg und Bischof Erchanfried von Regensburg im Jahre 849 eine genaue Re gelung für den Fischfang und die Jagd in dem umstrittenen Gebiet. Sie einigten sich dabei auf einen besonders glaubwürdigen Mann namens Heripaid als Schiedsrichter, der aufgrund seiner langjährigen Erfahrung folgende Entscheidung fällte: das Erzstift Salzburg, die Abtei Nonnberg und das Klo ster Mondsee durften das ganze Jahr hin durch ein Fangschiff auf dem See unterhal ten. Im Herbst jedoch, zur Paarungszeit der Lachse (wohl der Lachsforeilen), sollten nur die Fangschiffe von Salzburg und Mondsee im östlichsten Seezipfel, wo sich beim Aus fluß der Ischl aus dem See das Laichgebiet befand, fischen dürfen. Eine ähnliche Ein schränkung war für die Laichzeit der Weißfi15

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