Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 4, 1981

telalterlichen Texte der westgermanischen Volksrechte - speziell der für Oberösterreich relevanten ,,Lex Baiuvariorum" - nennen ausdrücklich den Firstbaum, die Firstsäule und die Strafen, die auf deren Beschädigung ausgesetzt sind. Der Firstbaum - oder die ,,Firstpfette" - als zugleich höchstgelegener Teil des Daches und somit des Hauses ist den die Naturgewal ten auslösenden Mächten am stärksten aus gesetzt und wird deshalb besonders ge schützt: In die Verbindung von Firstpfette und Firstsäule werden Amulette eingelegt, das bis zum Ortgang frei herausragende Ende der Pfette erhält geschnitzte oder aufgemalte Symbole, die vor allem Blitzschlag abhalten sollen. Die sich über der Firstpfette kreuzen den Windiaden - zumeist Roßgoschen ge nannt - sind in Oberösterreich zwar nicht son derlich häufig, doch kommen sie und von ih nen abzuleitende Formen im Inn-, Hausruckund dem oberen Mühlvlertel vor. Es handelt sich hiebei um ausgesägte oder geschnitzte Silhouetten von Pferdeprotomen, denen ei nerseits abwehrende, andererseits aber auch schützende Kraft zugesprochen wurde. Ge rade die paarig auftretenden Rosse weisen auf sehr alte mythische Wurzeln hin, die sich im Dunkel der Antike verlieren. Sowohl in der römisch-griechischen Welt, als auch bei den germanischen Völkern wurden sie als Sym bole der Dioskuren verstanden. Daß der Roß schädel allein durchaus abwehrenden Cha rakter hat, zeigen die mumifizierten Köpfe aus Mondseer Rauchhäusern. Wenn zuletzt auch nur mehr die Abwehr von Viehkrankheiten da durch bezweckt werden sollte, weisen andere Formen des Roßschädels an Wohnhäusern doch offensichtlich auf allgemeine Formen der Geisterabwehr hin. Auch die zumeist weiße Farbe dieser Tiergestaiten deutet auf die my stische Komponente dieser,,Zierformen" hin: weiß als Farbe des hellschimmernden Lichtes und somit dem Himmel verbunden, die Farbe des Reinen und somit gegen Zauber gefeit. Andererseits ist weiß aber auch die Farbe der armen Seelen und des Totenhefefes, wodurch die Bedeutung des Pferdes im Toten- und Be gräbnisbrauchtum noch gesteigert wird. Doch nicht nur an Giebeln und Balkenköpfen finden sich die Pferde, auch an den Pfettenvorköpfen älterer Bauernhäuser, vor allem im Hausruck- und Innviertei. Diese ältere Schichte magischer Zeichen wurde - vermutlich ab der Neuzeit und hier spezieil ab der Gegenreformation - von einer Reihe christlicher Symbole überlagert, die aber den gleichen Effekt haben sollten: Schutz vor überirdischen Einflüssen und deren fol genschweren Auswirkungen wie Blitzschlag, Sturm und Hagel und vermehrten Segen für alles, was darunter oder dahinter liegt. So fin den wir ab dem 17. Jahrhundert verstärkt die Anbringung der Namenskürzel für Jesus und Maria, die wegen ihrer Buchstabengruppie rung faszinierende, aber sonst sinnlose ,,Sator-Formei" und ab dem Barock das Bildnis des heiligen Florian, der vor Feuer und Was sergefahr schützen soll. Einst zahlreich waren die mit Sprüchen und Zeichen versehenen, die Firstpfette tragenden Firstsäulen. Ein sehr schönes Beispiel für eine derart,,geschützte" Säule birgt das Innviertier Volkskundehaus in Ried. Neben den Namenskürzein für Jesus und Maria wurde der

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