Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 2, 1979

jüngste Tochter Hammersteins, bemühen sich schon länger um Neuausgaben seiner Werke und bearbeiten seinen Nachlaß. Dabei ist ein Drama aufgetaucht,,,Der letzte Babenberger". Das Baben berger-Jahr 1976 ging vorüber, ohne daß dieses Bühnenwerk auf einem österreichischen Theater uraufgeführt worden wäre. Es ist ein sowohl dramatisch wie dichterisch bedeutsames Bühnenwerk. Seine Zeit für die deutsche Bühne (auch für die österreichische?) wird noch kommen. Der Narr (Szene aus dem dramatischen Geschichtsbild ,,Der letzte Babenberger") Personen: Abt Walter von Melk Friedrich II. der Streitbare, Herzog von Österreich und Steier Heinrich von Chuenring, genannt der Hund Dietmar, ein Edelherr von Pottenstein, Ritter vom deutschen Orden Narr Abt Walter: Das ist das Babenbergische Wunder. Euer heiliger Ahn' und euer gottseliger Vater haben euch geführt. Friedrich: Man muß Gott helfen, Wunder zu tun (Ist mittlerwelle zu den Ghuenringer gelangt). Wie, Heinrich, totius austriae rector, du kniest? Steh auf! (reicht ihm die Hand). Heinrich: (sich erhebend) Der Herzog ist da, der rector ist abgetre ten. Friedrich: Damals zu Llllenfeld ließ er ihn nicht vortreten. Heinrich: Es war meine Pflicht. Ich sah nur den Vater - und mit sei nem Auge. Friedrich: Sagen wir - mit den Augen der Mutter sahst du. Heinrich: Jedenfalls noch keinen Herzog, nur den Sänger, wie er selbst wollte. Friedrich: Hättest aber, wie er dastand, nur mehr den Herzog In ihm sehen dürfen. Heinrich: Ich gesteh es, ich sah falsch. Friedrich: Und mit dir viele, die wider mich aufstanden. Heinrich: Da durfte der Rector erst recht nicht abtreten, wenn er auch in des Verrates Licht geriet. Friedrich: Er tat nichts, um dem auszuweichen. Heinrich: Glaub mir's, mein Herzog, in der Verwirrung war kein Schritt mehr möglich, war Stehenbielben das einzige, was mir blieb. Österreich war in Gefahr: im Süden der Aufruhr, im Norden der Feind. Ich blieb stehen vor Österreichs Tor und wartete des Her zogs. Narr: Wartete, wohin die Waage sich neigen würde. Heinrich: Was hat hier ein Narr zu reden? Man muß wissen, wie es In einem Aufruhr zugeht. Narr: Närrisch geht's zu, wenn der Statthalter mit verschränkten Ar men zusieht, was aus dem Tumult werden mag. Auch Ist es ge schickter, aus dem Zweifel eine Pflicht zu machen und ein Geschick. Heinrich: Narr, ich schlag dich aufs Maul, wenn du auch dem Herzog gehörst. Narr: Das Reden Ist des Narren Recht. Friedrich: Jetzt üb' einmal das Recht des Klugen und schweig. Hein rich, ich glaube dir, damit ist's wahr, was du sagst. Dein Bruder Hadmar ist tot. Schad um ihn. Heinrich: Der Bannstrahl hat Ihn getötet, und die Reue, daß er geirrt. Auf der Flucht nach Passau, wo er die Lösung des Bannes und sei ner Schuld erbüßen wollte, starb er einsam und verlassen in einer Kohlenhütte, vom Fieber verzehrt, das ihm Herz und Kraft gebro chen hatte. Narr: Ich bin dumm, Herzog, es muß reden aus mir. Das Fieber hat den starken Hadmar verzehrt? I wohl, das rote der Minne, das gelbe der Eifersucht, dieweil er zur schönen Euphemia einstieg und den Tannhauser schon im Venusberg fand. Da schlug Ihm die HItz zu rück Ins Blut, daß es Ihn verbrannte. Den Bann hätt er ertragen, wie ihn fröhlich der Tannhauser trägt. Friedrich: Was redest du da von der Euphemia, du falscher Narr und Schelm? Narr: Ein falscher Narr bin ich, weil ich die Wahrheit sag, ein Schelm würd' ich, wenn ich geschickt wäre, sie zu verschweigen oder dir nach dem Herzen zu drehen. Friedrich: Was du von der Frau sagst, ist die Wahrheit nicht, ist eitel Narrheit, Lug und Schelmerei. Schweig oder ich laß dich schlagen. Narr: Schlag nur zu, Herzog! Wenn dein Glaube Verräter fest macht, macht er auch die Schelmerei ehrlich. Mach sie immerhin auch noch zur Herzogin von Österreich. Frau Venus als Herrin, das schickt sich dem Land, als du selbst Im Preisliede sagtest. Friedrich: Du bist heut nicht zu ertragen. Schwätzer. Mir aus den Augen! Dietmar von Pottenstein: (drängt den Narren fort). Narr: Ich geh schon, ich geh ja schon dir aus den Augen deines Her zens. Das läßt tief blicken, daß du die Narrheit nicht mehr erträgst, seit du Herzog bist. Dein Verstand - und deiner ist groß-ist ein star ker Mann und Esser, Wahrheit in Narrenpfeffer kann er nicht genug kriegen. Aber das Herz, ach! zieht das Süße vor, und wäre es so dick gelogen, wie Schlagschaum auf Wiener Kuchen. (Dietmar von Pot tendorf zerrt den Narren weg.) Verdirb dir nicht den Magen an all den Süßigkeiten, die Volk, Weiber und Schmeichler dir, dem Sieger, nun kredenzen. Und wird dir übel, ich hab immer Narrenpfeffer und bitte ren Wermut bereit, dich zu kurieren. (Verschlüpft in den Hinter grund.) Das Sterbliche von Hans von Hammerstein liegt im einfachen Grab des Friedhofs von Kirchdorf bestattet, ein altes handgeschmiedetes Kreuz hebt sich aus dem Hügel auf, auf dem Namensschild steht zu lesen: Hans Freiherr von Hammerstein-Equord, 1881-1947. Prunk hat er nie begehrt, er wäre auch für seine letzte irdische Ruhestätte unangebracht gewesen. Im Nachlaß des Dichters hat sich ein,,Bekenntnis" gefunden, das Martha Maria Schmitz an den Schluß ihres 1961 erschienenen Ban des,, Der/efzfe Erbe", einer Auswahl aus dem Werk des Dichters mit einer biographisch-literarischen Einleitung, gesetzt hat. Es deutet uns das Leben Hammersteins im Sinne der Worte, die er 1932 über Goethe ausgesprochen hat. Mögen die Umstände der Zeit schuld sein, daß der Dichter in sie wie in eine blanke Degenklinge hineinlief! Wahrscheinlich liegt das alles aber tiefer, so tief, daß Hans von Hammerstein eben seine Erfahrung als ein Wissender wie Odin mit sich nehmen mußte. Man wird da an einen anderen Österreicher gemahnt, der wohl ein lautes Temperament hatte, aber auch vom Dichter und seinem Wesen wußte, daß er nicht für die Öffentlichkeit taugt, sondern sein Werk nur in der Stille blüht - nach seinem Tod aufblüht: Josef Weinheber. Auch er war Teil seines Werks, vor allem seines Bandes ,,Adel und Untergang". Wir können nur hoffen, daß es bei Hans von Hammerstein genauso wird, eine Auferstehung nach vielen Jahren.

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