Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

importiert, wo in Fürstengräbern der gleichen Zeit ähnlicher Schmuck gefunden wurde. Wie weitgespannt die Handelsbe ziehungen der alten Hallstätter waren, zeigen die Glasgefäße. Es sind die ältesten nördlich der Alpen gefundenen Gefäße dieser Art und wurden aus dem Gebiet um die nördliche Adria eingeführt. Aus der gleichen Gegend stammt der berühmt ge wordene „Eimerdeckel von Hallstatt", der mit einer Reihe von Tieren und Fabelwesen in getriebener und punzierter Arbeit ge schmückt ist (Abb. 4). Diese figurale Kunst wird „Situlenstil" genannt und ist im Be reich der Ostalpen beheimatet. Aber auch der heimische Bronzeschmied beherrschte das Material und verstand es, Meisterwerke zu schaffen. Als Beispiel sei ein durchbrochener Untersatz genannt. An den senkrechten Bändern sind Reihen voll plastisch gegossener Wasservögel, wie sie für die Kunst der Hallstattkultur charakte ristisch sind, angebracht (Abb. 5). Beim Gräberfeld Hallstatt sind zwei Tat sachen besonders hervorzuheben. Zum ersten fällt der unerhörte Reichtum der Bevölkerung auf. Nicht nur die hervorra genden Einzelstücke sind hier zu nennen. Einzelne, besonders reich ausgestattete Gräber hervorragender Persönlichkeiten treten zu allen Zeiten in allen Gebieten auf. Der allgemein hohe Lebensstandard der Gemeinschaft, die ihre Toten im Gräberfeld Hallstatt bestattete, ist erstaun lich. Beigabenlose Gräber gehören zu den größten Seltenheiten. Zum zweiten ist die Lage des Friedhofes bemerkenswert: am Ausgang eines schwer zugänglichen Hoch tales ohne landwirtschaftlichen Rückhalt in der näheren Umgebung und ohne handels politische Notwendigkeit wie etwa an einem Paßübergang. Die Erklärung dafür gibt der Bergbau nach Salz, der damals, in der ersten Hälfte des letzten Jahrtausends vor Christi Geburt, eine erste Blüte er reichte. Spuren dieses frühen Bergbaues wurden durch den mittelalterlichen und modernen Bergbaubetrieb allenthalben an gefahren. O. Schauberger hat sich der Mühe unterzogen und all diese Punkte, die heute zum Großteil nicht mehr zugänglich sind, gesammelt und kartiert. Sie konzentrieren sich an drei Stellen zur Ost-, West- und Nordgruppe, die als zeitlich aufeinander folgende Abbaureviere angesprochen wer den. Das größte Revier umfaßt 72.000 mund erreicht eine Tiefe von 330 m unter der Erdoberfläche. Die Gesamtlänge aller prähistorischen Grubenbaue dürfte min destens 3700 m betragen haben. Die Funde aus dem Salzbergwerk bereichern ungemein das Bild, das wir uns von einer prähistori schen Kultur zu machen haben. Die über wiegende Mehrzahl ist aus organischer Substanz und gehört damit einer Fund gattung an, die nur in den seltensten Fällen erhalten geblieben ist. Sie ermöglichen eine wichtige Ergänzung und Erweiterung unserer Kenntnisse über die materielle Kul tur der Urzeit. Neben Werkzeugresten, - Stielen, Schaufeln, Schlegeln —, sind vor allem die Reste der Kleidung aus Fell und Gewebe zu nennen. Auch die Holzgefäß fragmente verdienen erwähnt zu werden. Die Einzigartigkeit dieser Funde erschwert natürlich eine genaue Datierung, weil es an vergleichbaren Stücken fehlt, doch geht man kaum fehl, wenn man das urzeitliche Bergwerk in Hallstatt mit dem Gräberfeld in Zusammenhang bringt und die Be nützungszeit gleichsetzt. Im Salzbergwerk Hallstatt wurde eine Reihe wichtiger Entdeckungen gemacht. Besonderes Glück hatte man im Jahre 1734, als die wohlkonservierte Leiche eines prähistorischen Bergmannes gefunden wurde. Leider ist der Fund nicht erhalten geblieben. Im Jahre 1932 wurde durch den Laugbetrieb im Stüger-Werk ein noch offener, urzeitlicher Hohlraum angeschnit ten. Deutlich sind an der Wand und an der Decke die Einschläge der Pickelspitzen, die sich zu herzförmigen Abbaufiguren grup pieren, zu erkennen. Diese Schrämspuren kamen folgendermaßen zustande: Der prähistorische Bergmann war mit dem Hauklein, den beim bloßen Zuschlagen ab springenden Salzsteinstücken von 1 bis 3cm^ Rauminhalt, nicht zufrieden. Er wollte große, handliche Brocken gewinnen, die er wahrscheinlich gleich in dieser Form in den Handel bringen konnte. Zu diesem Zweck schlug er zuerst eine senkrechte Furche in das Salzgestein. Diese hat er dann mit zwei weiteren Furchen herzförmig um fahren. Die zwischen diesen Schlitzen stehengebliebenen ovalen Teile schlug er nun mit wuchtigen Schlägen los und erhielt so die Steinsalzstücke der gewünschten Größe. Gleichzeitig wurde durch diese Vor gangsweise die Förderleistung wesentlich erhöht. Ähnliche Schrämspuren wie im Stüger-Werk wurden im Jahre 1968 im Katharina-von-Edlersberg-Werk entdeckt (Abb. 6). Auch über den weiteren Verlauf der bergmännischen Tätigkeit sind wir durch Funde informiert. Die Steinsalzbrokken wurden mit Holzschaufeln in Trag säcke geschaufelt und aus der Grube ge tragen. Diese Tragsäcke gehören zu den Abb. 4 (links oben): Im Situlenstil verzierter Eimerdeckel aus Grab 696 Abb. 5 (links): Schwimmende Wasservögel, Detail des durchbrochenen Untersatzes aus Grab 507 Abb. 6 (oben): Prähistorische Schrämspuren im Katharina-von-Edlersberg-Werk des Salz bergwerkes. (Die bisher zitierten Abb. wurden vom Verfasser aus dem Archiv der Prähistori schen Abteilung im Naturhistorischen Museum in Wien zur Verfügung gestellt.) Abb. 7 (rechte Seite); Rückansicht des Trag sackes aus Rindsfell und Rindsleder. — Foto: W. Fettinger

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