Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Links oben: Der „Gosauer Fischzug", eine Muschelbank im Bereich des Torstein-Ecks (2259 m). Im Hintergrund der Kleine Gosaugletscher im Sommer 1962. — Foto R. Moser. Links innen: Trittkarren neben tief eingesenk ter Mäanderkarre. Im Hintergrund Wand- und Rinnenkarren. Totengräber (2170 m). Sommer 1962. — Foto R. Wannemacher Rechts: Kalktisch auf Daunboden im Vorfeld des Schneelochgletschers (2100 m), im Totengraber. Hintergrund mit Eiskarlspitzen. Som mer 1966. — Foto R. Moser Zu den interessantesten Verkarstungsformen gehören wohl jene, die an Sprüngen, Klüften und Zerrflächen des Gesteins an setzen und diese erweitern. Meist sind diese Klüfte schon vor der letzten großen Ver eisung (Würmeiszeit) entstanden, da sie vom Eise überschliffen und gekappt wur den. Die Oberfläche, in die sich das Wasser entlang der tektonischen Fugen eingefres sen hat, zeigt noch deutlich den Gletscher schliff. Die Kluftkarren sind hier entlang einer Bruchzone angeordnet und zerschnei den die Landschaft nach dem System der zwei sich kreuzenden, tektonischen Linien, die für den Bau des Gebirges formgebend sind. Auch für die Entstehung der Höhlen und die unterirdische Entwässerung sind die gitterartig sich überschneidenden Kluft systeme räum- und richtunggebend. Aber nicht nur große Kluftsysteme, die den Berg tief zerspalten und an deren Schwächezonen die Erosion besonders wirksam ist, lassen auf die Großschollentektonik schließen, sondern auch Kleinformen der Oberfläche zeigen die typische, dem System kreuzen der Fugen zuordenbare lineare Kalklösung. Besonders deutlich ausgeprägte Karstfor men findet man auf den Schliffflächen der Daunvergletscherung, die sich deutlich durch die Schwarzweißgrenze von der Um gebung abheben (R. Moser 1968). Das tal wärts fließende Eis folgte nicht nur den großen tektonischen Linien am Fuße der Hebungs- oder Pultschollen des zentralen Massivs, sondern füllte Dolinen aus, schliff Karstgassen zurecht, glättete Rundhöcker flächen und floß über Querriedel auf sanft geneigte Flächen, die nach Rückschmelzen des Eises spiegelglatt erscheinen und sich für die Erosion fließenden Wassers gera dezu ideal eignen. Je glatter die Fläche, umso klarsichtiger das Abtragungsrelief, auch bei geringster Wirkung und bei klein sten Formen. Schon F. Simony (1891) war der innige Zusammenhang zwischen Ver karstung und Vergletscherung bekannt. H. Kinzl hat im Jahre 1937 erstmals den Begriff „Karstgletscher" für jene Gletscher verwendet, die infolge der Karstnatur des Bodens unterirdisch entwässern. Somit sind alle Gletscher des Dachsteins heute Karst gletscher. Sie zeigen jedoch nicht nur das Phänomen der unterirdischen Entwässe rung, sondern darüber hinaus Eigenheiten, die eine Erweiterung des Begriffes fordern. So konnte festgestellt werden, daß der Karstcharakter der Landschaft bedeutenden Einfluß auf die Gletscherschwankungen, die wechselnden Vorstoß- und Rückzugsver hältnisse bei ständiger Änderung der Fließ richtung und Bewegungsgeschwindigkeit des Eises sowie auf die damit verbundenen Flächen- und Massenverluste ausübt. Der Eisschurf wirkt karstfördernd, da er die Landschaft der Vegetation und der Schutt decke beraubt. Im anderen Fall kleidet der Gletscher Do linen der Karstlandschaft aus und erzeugt so, karsthemmend, Quell- und Kulturböden inmitten einer toten Landschaft. Auch in bezug auf die abgelagerte Moräne nimmt der Karstgletscher eine Sonderstellung ein, da die vielen Schutt- und Moränendolinen, Buckelwiesen, Pseudomoränen und Drumlins sowie die vielen Regressionslücken der Vegetationsdecke, zu den charakteristischen Merkmalen gehören. So kann der Begriff „Karstgletscher" nicht nur von karsthydro graphischer, sondern auch von morphologi scher, biologischer und bewegungsdynami scher Seite her erweitert werden. Eine Sondererscheinung auf verkarsteten Schliffböden sind die Kalktische. Diese Be obachtung ist für die Alpen neu (R. Moser, 1956 und 1967). Auf den Daunschliffflächen des Hallstätter-, Gr. Gösau- und Schneeloch-Gletschers, im Bereich des Unteren Taubenkares, des Schreiberwandecks und des Totengräber, wurde das Phänomen oberflächlicher Abtragung mit Hilfe der Kalktische geklärt. Vom Gletschereis zur Daunzeit wurden Felsblöcke ins Vorfeld verfrachtet und nach Rückschmelzen auf die Felsunterlage abgesetzt. Es ist auf dem Bilde deutlich zu sehen, daß die Blöcke den t.»jÄf V. i

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