Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

|k,x •■ mit ihren Bruchstufen standen einer breiten Ausdehnung des Eises im Wege und be wirkten eine starke Tiefenerosion. Es wäre jedoch falsch, auf Grund der eiszeitlichen Schliffspuren an den Wänden die glazialerosive Ausgestaltung der Gletscherkare zu übertreiben. Die ursprüngliche Anlage der Kare erfolgte in den tektonischen Mulden zwischen den gehobenen Schollen, in denen die Gletscher die glaziale Ausgestaltung übernahmen, ohne dabei die präglazialen Talböden wesentlich unter ihr Niveau zu erodieren. Ferner ist festzustellen, daß die höchsten Gletscherkare im Dachstein Ursprungskare sind, die den Endlagen präglazialer Tal böden entsprechen. Dabei liegen sie bei den drei größten Gletschern in einer Höhe von 2500 bis 2700 m, während sich die Kare der übrigen Gletscher nur zwischen 2400 bis 2550 m erstrecken. Die nächst tieferen Karböden liegen zwischen 2100 und 2350 m. Ihre Entstehung wurde mit der intensiven Tiefenerosion und Dolinenbildung vor Karriegeln in Zusammenhang gebracht. Treppenkare wurden nur im Vor feld des Hallstätter Gletschers entlang einer tektonischen Bruchzone im Westen der Gjaidstein-Taubenkogelscholle festgestellt. Verkarstung Die Fläche unterirdisch entwässerter Ge biete wird von M. Hoffer (1906) für den gesamten Dachsteinstock (869 km-) mit 241 km- oder 28 "/o angenommen, für das zentrale Kargebirge (344 km-) hingegen mit 188 km- oder 55 Vo. O. Schauberger (1954) nimmt an, daß auf die Dachstein gruppe ohne Grimming (574 km-) ein ober irdisch abflußloses Areal von 313 km- oder rund 54 "/o entfällt, das mit der Verbrei tung des Dachstein-Platten- und Riffkalkes identisch ist. Dieser Wert scheint zu hoch gegriffen. Der Linzer Geologe G. Lahner (1939) hat eine 246 km- große Karstfläche des Dachsteingebirges einer rund 300 kmgroßen verkarsteten Fläche im Toten Ge birge gegenübergestellt. Da die letztere Karstfläche als die größte im Räume der Ostalpen gilt, erscheint für den Dachstein eine solche mit rund 245 km- als gesichert. Voraussetzungen für die Entwicklung des Elochkarstes sind die Wasserlöslichkeit des Kalkes und die Klüftigkeit des Ge steins. C. Rathjens (1954) gliedert den Hochkarst in zwei Stockwerke und sagt, daß im oberen Karrenfelder mit Rillen- und Kluftkarren, im unteren jedoch Dolinen vorherrschen. F. Zwittkovits (1966) geht in seiner Karstbetrachtung noch einen Schritt weiter, wenn er annimmt, daß die Karst formen in den Alpen klima- und vegeta tionsbedingt sind. Er unterscheidet Karst formen des vegetations- und bodenfreien Gebietes von jenen des bedeckten Bereiches. Im Dachsteingebiet ist die oberste Grenze der Verkarstung im Gletschervorfeld bei 2300 bis 2400 m anzunehmen, die unterste Verbreitungsgrenze bei 1200 bis 1300 m. Den scharfkantigen und spitzen Formen des Hochkarstes in der nackten Kalkzone stehen stumpfe, abgerundete Formen des tiefer liegenden Karstes im bewaldeten und humusreichen Gebiet gegenüber. Noch höher oben wirkt die mechanische Verwit terung und der Zerfall großer Blöcke durch Frostsprengung so stark, daß Karstformen ausgelöscht werden. Schon F. Simony (1895) hat treffend den Charakter der Karstoberfläche im Dachstein beschrieben, wenn er sagt: „Die Ober fläche des ganzen Felsbodens ist rauh und ausgefressen, als hätte es seit deren Be stand nicht Wasser, sondern Säuren auf denselben geregnet." Mit diesen Worten hatte der Forscher schon die Entstehung von Karst angedeutet. Ein Teil des Regenwas sers nimmt auf seinem Weg zur Erde aus der Atmosphäre Kohlendioxyd auf und wird zur Kohlensäure. In bodennahen Schichten und auf dem Boden selbst kann es sich mit organischen Zerfallstoffen und Humussäuren beladen, so daß es nun, an griffsfähig geworden, den Kalk in doppelt kohlensauren Kalk umzuwandeln und nun erst aufzulösen vermag. Das mit CalziumJonen angereicherte Wasser fließt nur kurze Strecken oberflächlich ab, um dann in enge Spalten, Klüfte, Dolinen, Schluck löcher, Schlote und Ponore zu versickern. Erst an der Erossionsbasis, im Traun-, Gösau- oder Ennstal tritt das gesammelte Wasser in Form von Karstquellen wieder an den Tag. A. Mayr (1953) hat im Jahre 1950 einen neuen Weg zur Untersuchung von Quellen und Karstgewässern mittels Blütenpollen und pflanzlicher Sporen ent wickelt und über diese erfolgreiche Me thode berichtet. Besonders die hydrologi schen Studien aus dem Jahre 1956 über das Hallstätter Trinkwasser zeigen, daß die unterirdische Entwässerung des zentralen Massivs, durch Sporenfärbung oder Pollen analyse nachgewiesen, den zwei Haupt störungsrichtungen der Großschollentektonik folgt (Herzynische Richtung: NW—SO, Variszische Richtung: NO—SW). Erst Anfänge der Abtragung durch fließen des Wasser zeigen die Rillenkarren oder Kannelierungen, die in den Alpen maximal 50 cm lang werden und häufig in Aus gleichsflächen einmünden. So entstehen kleine Miniaturgebirge. Der aufgelöste Kalk sedimentiert an der Fußfläche. Dieses Beispiel zeigt deutlich das zeitliche und ört liche Nebeneinander von Abtragung und Auftrag, von Erosion und Sedimentation, ein Wechselspiel der Natur, das sich in "0 T>' 9 ■ »> '7-^ ml) ' K' I großem Ausmaß zwischen den heute be stehenden Gebirgen einerseits und den Aufschüttungsebenen an den Flüssen und Deltaschüttungen andererseits ergibt. Dort, wo heute Gebirge durch die Kräfte der Atmosphäre abgetragen werden, entstehen eingeebnete Rumpfflächen und Fastebenen, dort, wo Flüsse in Tieflandschaften oder in Meeren auftragen, entstehen Sediment schichten, welche die Voraussetzung für eine neue Gebirgsbildung in vielen Millio nen Jahren schaffen. Auf einer fast ebenen Fläche, die an eine Wandstufe anschließt, findet man Trittkar ren. Es sieht aus, als wären die Abdrücke von Pferdehufen im Kalkschlamm hart ge worden. Die kleinen horizontalen, kaska denartigen Stufenflächen schneiden sich mit ihrer halbmondförmigen Rückwand immer tiefer in den Hang ein und zehren ihn auf. Die rückschreitende Korrosion gleicht somit die Fläche aus. Auf steiler geneigten Flä chen entstehen Rinnenkarren und an Fels stufen parallel gerichtete Wandkarren, die häufig nach unten hin ausflachen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2