Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Links: Rilleilkarren, die in eine Ausgleichs fläche einmünden (2125 m), im Vorfeld des Schneelochgletschers. Sommer 1967. — Foto R. Moser Unten: Die Fossilen-Schalen einer 50 cm lan gen Dachsteinmuschel, die vor rund 150 Mil lionen Jahren in einem Meer lebte, wurden vom Eis des Großen Gosaugletschers glatt geschlif fen. Sommer 1969. — Foto R. Moser Rechts: Gipfelkreuz auf dem Hohen Dachstein. — Foto R. Moser Tal der Traun und die Längstalfurche der Enns bestanden nicht. Flüsse aus den Zen tralalpen lagerten auf das nach Nord sich senkende, schwach hügelige Gelände kristalline Gerolle ab, das die Bezeichnung ,,Augensteine" trägt. Bei einiger Sorgfalt könnten die über 60 bekannten Augensteinfundstellen noch vermehrt werden. H. Riedl (1966) befaßte sich mit dem Pro blem „Raxlandschaft — Augensteinland schaft" genauer. Die Annahme, daß eine Augensteinschotterdecke einst den Jura schichten aufgelagert war, scheint durch die Tatsache bestärkt, daß Radiolarite mit Quarzgeröllen vergesellschaftet vorkom men. Im Bereich der Hoßwandscharte sind tatsächlich blutrote Radiolarite aufgeschlos sen und auf dem Taubenkogel verwitterte Radiolarite anstehend. Die Abtragung der Augensteinlandschaft fällt in das Burdigal (Miozän). Typisch dabei ist eine Häufung der Augensteinvorkommen nahe dem Süd rand des Massivs mit Streuungsabnahme nach Nord. Besonders im Rotlehm der Dolinen und im Verwitterungslehm der Höhlen liegen viele Quarzgerölle. Den tertiären Landoberflächen des zentra len Dachsteinstockes fehlt jede Spur eines Hochgebirgscharakters. Das Flachrelief steht im krassen Gegensatz zu den im Pleistozän durch die zerstörende Wirkung des Eises geschaffenen Gletscherkaren und den darüber liegenden Gipfelregionen. Eine fossile Landschaft der Tertiärzeit hat sich in die Gegenwart herüber gerettet. Außer einer geringfügigen Schneefelderosion hat sie seit dem Teritär keine nennenswerte Umgestaltung erfahren. Sie wurde zu Be ginn des Miozän aus dem Niveau der um gebenden Plateauflächen herausgehoben. Die Sprunghöhen der Verwerfungen be tragen allein bei der Gjaidstein-Taubenkogelscholle gegenüber dem flachwelligen, rund 2000 m hoch liegenden Plateau „Am Stein" 100 bis 150 m. Die im Mittel 2300 bis 2400 m hohen Plateauflächen werden von den höchsten Gipfeln noch um rund A / fm - . . - 600 m überragt. Die Grenze des Kargebir ges ist im O, N und NW durch die großen Bruchstufen und tektonischen Linien an den Rändern der tertiären Landoberfläche ge geben. Sie verläuft vom Tauben-Kogel über Herrengasse — Martinswand — Grünkogel — Gamskogel — Langtalkogel — Brentenkogel — Windleger-Spitze und über den Südrand des Massivs zum Koppenkarsporn. Diese Grenzlinie umschließt ein Areal von 3525 ha. Davon nehmen die tertiären Land oberflächen 325 ha oder 9 Prozent ein. Die vergletscherte Fläche von 1850 bedeckte mit 1091 ha 30 Prozent,das Eis im Diluvium rund 2000 ha oder 60 Prozent des Kar gebirges. 90 Prozent des Kargebirges fielen also der glazialen Ausgestaltung anheim, während nur 10 Prozent der Gesamtfläche (tertiäre Landoberflächen 9 Prozent und Gipfelregion 1 Prozent) der zerstörenden Wirkung des Eises entgingen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, welch be deutenden Anteil das Gletschereis bei der glazialen Ausgestaltung von Karen, Wand stufen und tektonischen Zonen von der Eis zeit bis zum heutigen Tag hat. Schon O. Ganss (1939) wies darauf hin, daß die Tektonik für das fließende Eis im Diluvium wegweisend war. Zerrüttungszonen im Be reich der Bruchstufen wurden bevorzugt glazial ausgeräumt. Dem wachsenden Eis waren schon im Diluvium durch die Wand stufen der tertiären Eandoberflächen Gren zen gesetzt. Die altmiozänen Pultschollen

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