Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

1958 mit 2993 m sehr nahe kommt. Die Neuauflage der österreichischen Karte 1 :25.000, Blatt 127/1, aus den Jahren 1928, 1934, 1935 und 1948, zeigt eine Gipfelhöhe von 2995,2 m, ein Wert, der in der Freytag-Berndt-Touristen-Wanderkarte, Blatt 28 im Maßstab 1 :100.000, mit 2995 m abgerundet aufscheint. Meßergeb nisse, die den Dachstein zu einem Drei tausender werden lassen, können auf ver schiedene Weise entstehen. Die anderen Luftdruck-, Temperatur- und Sichtverhältnisse und vor allem die andere Ausgangs basis (österreichische Karten-Adria, Deut sche Karten-Nordsee) können zu bedeuten den Abweichungen führen. Dem oben an geführten Mittelwert steht ein Wert von 3004 m gegenüber, der in Fremdenver kehrsprospekten und -karten immer wie der zu lesen ist. Dieser Wert ist sicher zu hoch gegriffen und hat gegenüber dem exakt errechenbaren Mittelwert von 2994 m wohl nur eine psychologische Wirkung. Am Rinderfeld berührt der Linzerweg die Lunzer Schichten, die infolge ihrer Wasser undurchlässigkeit mit 12 Quellen die Warme Mandling speisen. In der Reißgang-Scharte treffen wir auf ein schmales Band tektonisch zertrümmerten Hauptdolomits, der ähnlich dem Ramsaudolomit abenteuerliche Felsformen und Bastionen bildet. Im Be reich des Koppen-Kares und des LandfriedTales reicht der Hauptdolomit auf das Plateau hinauf. Besonders am Landfried stein, der durch die deutliche Verwitterungs grenze zum Dachsteinkalk hin in zwei Teile gegliedert erscheint, läßt sich der ver schiedene Grad der Gesteinsauflösung klar erkennen. Eine riesige Erosion von Hauptdolomit zeigt das Koppenkar. In vie len Rinnsalen fließt Dolomit in Form klei ner Prismen und Rhomboeder in die Tiefe des Kares. Das feine Sandmaterial, vom Wasser am weitesten verfrachtet, bildet vollkommen ebene Schwemmlandböden, ■AilV Geologisdrer und morphologischer Aufbau Der Dachstein zählt zu den gewaltigsten Trias-Kalkstöcken der Nördlichen Kalk alpen. Die schöne alpine Weganlage von der Hofpürgl- zur Austria-Hütte gewährt Ein blicke in den stratigraphischen Bau des Massivs. Der Werfener Schiefer stellt die unterste Schichte der Trias dar. Sein Quellund Kulturhorizont trägt die meisten und besten Almen des Dachsteins. Darüber folgt mitteltriadischer Gutensteiner- und Ramsaudolomit. Letzterer ist durch starke Zergrusung gekennzeichnet. Im Kessel und am Löckgang sind groteske, an Lebewesen erinnernde Bergformen sichtbar sowie wilde Racheln, Pfeiler und Feinschutthänge. Das zuckerige, tektonisch stark zertrümmerte Material bröselt fortwährend talwärts und läßt die verwitternden Bergformen in ihrem eigenen Schutt ertrinken. auf denen Rippelmarken und eine polygo nale Felderung zur Ausbildung gelangen. Unvermittelt tritt man im Gebiet des Reiß gang-Kogels auf den Dachsteinkalk der oberen Trias, die sanften Matten nun für immer verlassend. Der ungeschichtete, dunklere, korallenführende Kalk der Riffzone nimmt die tiefere Lage ein und bildet zu einem Großteil die Südabstürze des Dachsteinstockes, während sich der weißgraue, gebankte Dachsteinkalk der Berchtesgadener Fazies im Hangenden be findet. Von der Riffzone im Süden fallen die Kalkbänke radial nach NW, N und Nö ein, wodurch die nach Nord gerichtete Pult fläche zustande kam, die für die Haupt stoßrichtung der Gletscher zur Eiszeit richtungsweisend war. Die vorwiegend flache Schichtlagerung des Dachsteinkalkes führte zur Verkarstung großer Teile des Plateaus. Das Leitfossil dieser oft 1000 bis 1500 m mächtigen Sedimentationspakete ist die Dachsteinbivalve (Megalodus triqueter), die vom Volke „Kuh- oder Hirschtrittmuschel" genannt wird. Eine sehr aufschlußreiche Fossilfundstätte be findet sich auf dem Torstein-Eck. Der Linzerweg führt über eine rund 1,10 m breite und etwa 100 m lange Megalodontenbank, die vom Volksmund „Gosauer Fischzug" bezeichnet wird. Sicher handelt es sich hier um eine Brandungszone, da die fischähnlichen Schalenhälften getrennt und mitunter zertrümmert dicht beisam men liegen. In den obersten Schichten des Dachstein kalkes ist das Vorkommen von rötlichen Jurasedimenten bedeutsam, die nur mehr in Klüften, Dolinen und Verwitterungs taschen der Kalkhochfläche erhalten sind. Nach ihrem häufigen Auftreten im Bereich der Hirlatzalm nennt man sie Hirlatzkalke. Damit ist der Beweis erbracht, daß am Ende der Trias bereits Karstinseln vor handen waren, die vom Liasmeer über flutet und deren Sedimentmantel bis auf die in den Vertiefungen liegenden Sediment reste wieder abgetragen wurden. Die Leit fossilien dieser Zone sind vorwiegend Crinoiden und Ammoniten. Nur auf den vor starker Glazialerosion geschützten tertiären Landoberflächen der Gjaidstein-Taubenkogel- und der HohenKreuz-Öchsenkogelscholle sind Sedimente der Kreideformation erhalten. Eine gosauische Meerestransgression er folgte von Norden her bis zum WO ver laufenden Steilrand Hoher öchsenkogel — Hoher Gjaidstein. Brandungsgerölle mar kieren den ehemaligen Rand der Steilküste) Die auf der tertiären Landoberfläche ver einzelt vorkommende Gösau der Gipfel flächen stellt das jüngste in Spuren erhal tene Schichtglied aus der Kreidezeit dar. Bei einem genaueren Studium der geologi schen Verhältnisse wird der Leser mit Ge winn die Geologische Karte der Dachstein gruppe verwenden, die dem schon oben zitierten Heft 15 der Wissenschaftlichen Alpenvereinshefte von ö. Ganss (1954) beigelegt ist. Die Alpen gehören großteils auch heute noch zur unberührten Naturlandschaft. Ihre Entstehung und ihr Wandel sind am Formenhild deutlich zu sehen. Zumeist domi nieren, wie in der Kulturlandschaft, junge Formen über alte. Allein das Werden der Kalkalpen, ihre Sedimentation, Faltung, Hebung und Deckenüberschiebung, ist gut zu erkennen. Auch die jüngste formen bildende Tätigkeit von Eis und Wasser, Massentransport und Verwitterung, ist im Landschaftsbild nachweisbar. Die Hoch fläche des Dachsteins zeigt auf weite Strekken das Bild einer Ahtragungsfläche. Sie geht quer über Bruchsysteme hinweg und kappt auch steilgestellte Schichten. Dieses alte, prädoggerisch geschaffene Relief von Mittelgebirgscharakter hing einst mit den Flächen des Toten Gebirges zusammen. Das

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