Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

Die sieben landesfürstlichen Städte Oberösterreichs (Linz, Wels, Steyr, Enns, Vöcklabruck, Freistadt, Gmunden) hatten in ihrem gemeinsamen Grundherrn, dem Landesfürsten, der meist auch Kaiser war, einen mächtigen Gönner, ebenso Braunau, Ried und Schärding in den bayrischen Kurfürsten. Sie entwickelten sich daher schneller, besser und höher als Grein, Grieskirchen, Schwanenstadt und Steyregg, die nur kleinen Adelsgeschlechtern unterstanden oder das anfangs bischöflich passauische Eferding. Die gemeinsame Grund herrschaft machte sich auch im Angleichen und Ausgleichen der städtischen Verhältnisse und damit des Brauchtums gel tend. Zu Lage und Geschichte tritt nun als dritte Komponente des körperlichen und geistigen Antlitzes einer Stadt die BEVÖLKERUNG. Durch gemeinsames Leben und Erleben im gemeinsamen Schicksal formte jede Stadt ihre Städter. In den oberösterreichischen Städten gaben stets Bürger und Handwerker den Ton an. Unter Bürgern verstand man bis hoch herauf ins 17. Jahrhundert nur den kleinen Kreis der „behausten", vollberechtigten Städter, welche die Wirtschaft als Kaufleute und die Verwaltung als Ratsherren beherrschten. Sie lagen im ewigen Kleinkrieg mit den aufstrebenden, Stel lung um Stellung erobernden Handwerkern, die nach voller Gleichberechtigung strebten. Handels- wie Handwerksleute sind aber kühl-sachlich denkende, sorgsam rechnende und bedächtig handelnde Leute. Sie drückten den Städten den Stempel ihres Wesens auf. Die aller Vorstellung spottenden gesundheitlichen Mißstände in den alten Städten hätten zu deren Verödung in wenigen Geschlechterfolgen führen müssen, wäre nicht immer wieder genügend Zuzug vom Lande gekommen. So strömte denn und strömt bis heute ununterbrochen Bauernblut in den Stadtkörper ein. Auch der Bauer ist aber ein nüchterner Wirklichkeitsmensch und verstärkt dadurch die schon gege bene Grundhaltung des städtischen Wesens. Da in Oberösterreich, das rechtlich erst 1919 seine völlige Gleichstellung mit Niederösterreich erreichte, seit altersher der höfische, geistige wie geistliche Mittelpunkt fehlte, konn ten sich Kunst, höhere Geselligkeit und Wissenschaft in den Städten nur in einem bescheideneren Maße entwickeln. Der Hof weilte jeweils nur kurz in Notzeiten im Lande; alle Ansätze zur Gründung einer Hochschule verliefen im Sande und führten erst in unseren Tagen zum Erfolg; selbständige Diözese mit dem Bischofsitz Linz wurde Oberösterreich erst unter Josef II. Die Landstände — Vertreter des Adels, der Klöster, der landesfürstlichen Städte — nahmen nur in Linz Einfluß auf die kulturelle Entwicklung. Dasselbe gilt vom zahlenmäßig sehr geringen Stadtadel. Schließlich stand das Land ob der Enns gleich seinen Städten beständig im Kraft feld der umliegenden Residenz-, Universitäts- und Bischof städte Wien, Graz, Salzburg, München und Prag, die immer wieder die besten Köpfe in ihren Bann schlugen und der Heimat entfremdeten. Es ist daher verständlich, daß die biederen Städter unserer Heimat oftmals als „Pfeffersäcke" (Kaufleute), „Spießbürger" (Handwerker) und „Gscheerte" (Bauern) verspottet wurden und werden. Freilich wird dabei vergessen, daß die Klugheit der Kaufleute, der Fleiß der Handwerker und die Zähigkeit der Bauern die oberöster reichischen Städte immer wieder alle Schicksalsschläge ihrer leidvollen Geschichte siegreich überwinden ließen. Auch der ORTSSPOTT, der jedem Flecken etwas anzuhängen weiß, hat auf Städte und Städter nicht vergessen. Er betont meist ihre schildbürgerliche Einfalt und Weltfremdheit. Die Linzer sind „Karpfentränker", weil sie sich ausredeten, die aus einem löcherigen Behälter entkommenen südböhmischen Karpfen seien in der Donau ertrunken. Die Welser werden aus ähnlicher Ursache als „Krebsentränker" gehänselt. Die Steyrer hießen „Krokodilstecher", weil sie eine in den Brunnen gefallene Katze für eine Riesenechse ansahen und mit Spie ßen bekämpften. Die Vöcklabrucker ärgerte man, indem man auf die Vöckla deutete und sagte: „Wie heißt denn der Bach da?". Wie treu der Volksmund Erinnerungen bewahrte, erwies sich aus der Redensart: „Ja, in Eferding, wo s' den großen Herrgott haben!" Bei einer Kirchenerneuerung wurde 1888 tatsächlich an der linken Seitenwand des Presbyteriums ein mittelalterliches riesiges Fresko „Christus am Kreuze" bloßgelegt. Die einzelnen Städte unseres Landes haben auch ihre beson deren WAHRZEICHEN. Zu diesen zählen etwa die Drei faltigkeitssäule in Linz, der Ledererturm in Wels, das Bum merlhaus in Steyr, die Kirche in Lorch, der Stadtturm in Enns, das Stadttor in Schwanenstadt, der Hahnbaum in Ischl, das Theater in Grein, das Spukhaus in Grieskirchen, das Steiningergrab in Braunau, das Linzertor in Schärding, die Schöndorferkirche in Vöcklabruck, das neben dem Rathaus in den Boden eingelassene Hufeisen, welches der letzte Fran zose beim Abzug aus Ried verlor. Eine Obersicht der KIRCHENPATRONE weist in den ober österreichischen Städten fast durchwegs bewährte Volksheilige auf. An der Spitze steht Maria (Linz, Enns, Gmunden, Schärding, Eferding, Vöcklabruck). Dann folgt der Wasser heilige Nikolaus (Linz, Urfahr, Ischl). Von den 14 Not helfern sind Aegidius (Steyr, Grein), Georg (Schärding), Katharina (Freistadt), Margaretha (Linz, Steyr) vertreten. Kraußlich-Druck aus Urfahr. „Die Räuber", Beispiel des alten Volksbuches. — Oö. Landesmuseum, Bibliothek. aifliikr t auf ftttö Öem 14. ben gJauBttStbig^en «Bb ßerläSIidflett Queöen erjoBR bon S( IB. 43toiti. Sinti! irnt Scriag »cn tjü;. Äratigtidp in Utfa^r«?uiä.

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