Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

zu jener Bedeutung aufsteigen, die ihnen der Lage nach eigentlich zukäme. In historischer Sicht war jede alte Stadt ein mit besonderen Vorrechten wie Pflichten begabtes Gemeinwesen. Die Haupt rechte bestanden in Selbstverwaltung, Eigengericht, Waren vermittlung durch Märkte, Begünstigung des Gewerbes, Sicherheit hinter Mauern und Türmen. Als wichtigste Pflich ten standen dem gegenüber; der persönliche Wehrdienst der Bürger, das Instandhalten der Befestigungen, das Aufbringen von Steuern, Abgaben und Mauten. Lorch und Wels erhielten ihr erstes Stadtrecht schon zu Römerzeiten, Enns genau tausend Jahre später nochmals. Elf unserer Städte wurde diese Auszeichnung im Mittelalter zuteil, Grieskirchen und Schwanenstadt im siebzehnten, Urfahr im neunzehnten und Bad Ischl im zwanzigsten Jahrhundert. Ab dem 13.Jahrhundert erfreuen sich auch die oberösterreichischen Städte des ihnen vom Landesfürsten verliehenen Siegelund Wappenrechtes; Linz, Steyr, Wels durften sogar mit rotem Wachs siegeln, was sonst nur reichsfreien Städten zukam. Die Siegel- und Wappenbilder zeigen Stadttore und Wehr bauten als Zeichen des unabhängigen Bürgertums (Linz, Wels, Eferding, Steyregg, Urfahr). Der steirische Panther (Enns, Steyr), die blau-weißen Rauten oder Wecken (Braunau, Ried), der rot-weiß-rote Bindenschild (Freistadt), der in klei ner Form auch über dem Tore der Wappen von Linz und Wels prangt, weisen sämtliche auf die Grund- und Stadt herren hin. Redende Wappen besitzen Grieskirchen (Kirche auf Schotter), Schärding (Tuchschere), Urfahr (Überfuhrstelle), Vöcklabruck (Brücke). Auf besondere Ortseigentümlichkeiten weisen die Wappen von Gmunden (Salzkufe, Salzschiff, Reinanken) und Bad Ischl (Gemse, Baum als Sinnbild des sagenhaften Eschenwaldes im Tale) hin. Auch Wappensagen finden sich in unseren Städten. LINZ. Im Linzer Stadtwappen ist zwischen zwei Türmen mit Golddach ein offenes Stadttor mit goldenen Torflügeln und goldenem Weg zum Fluß zu sehen. Das soll darauf hin deuten, daß vor Jahrhunderten eine große Feuershrunst die Stadt verheerte und das geschmolzene Gold aus den reichen Schatzkammern der Linzer Kaufleute in Strömen über den Hauptplatz zur Donau floß. RIED. Ein Müllerssohn aus der Rieder Gegend, Dietmar, zeichnete sich als Gefolgsmann des hairischen Grafen Eckhart von Scheyern vor Jerusalem besonders aus. Als die Fahne im wilden Kampfe verlorenging, hing er seinen Bundschuh auf eine Lanze, sammelte die Christen um dieses Feldzeichen und gewann den Sieg. Dietmar erhielt den Beinamen der „Anhänger" und nach der Rückkehr in die Heimat ein Stück Land. Darauf entstand Ried, das den Bundschuh und den Ast mit drei Blättern, das Wappen Dietmars, in Siegel und Wappen aufnahm. Kolorierter Stahlstich im Mühlviertler Heimathaus Freistadt mit Darsteilung einer Binderwerkstatt aus der Zeit um 1830.

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