Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 1/2, 1965

^ HAMMERWERKE IN DER MATIGTALFURCHE — öFArcOTlEGHE TOR-U TORBESCHLÄGE IM INNIVIERTEL 2,3,4-,8 ANZAHL DER. BESCHLAGE ENTWURF •• PROF. Q. KASTNER. aCHAROINO &R.AUMAU (S)RJEO SALZ BURG Es kommt also zur technischen Seite, die der Aussage! Beide zusammen erlauben uns erst diese Kunst, die so sehr das Volkstum in der geistesgeschichtlichen Situation um 1500 in seiner arteigenen Renaissance verständlich macht, richtig zu werten. Wenn nun zu den Lilien noch Eicheln, Lindenblätter, Disteln und andere Füllsel kommen, so ist dies ein Zeichen für den Reichtum der Ausstattung, doch kein Hilfsmittel, um einen neuen Blickpunkt für die Datierung zu sichern, östlich der Traun wird kaum ein Versuch gemacht, in dieser Richtung zu arbeiten. Man schlägt hier die tragenden Haupt bänder quer über die Türe und setzt die Abzweigungen mit Lilienendungen der Reihe nach an die Bänder an (Campern, Hirschbach usw.). Zu einem organischen Ganzen kann diese Technik nie führen, die Beschläge wirken bei genauerer Be trachtung zusammengestoppelt, die Ornamentierung wird additiv, dadurch trocken und vor allem völlig unmusikalisch. Sie hat nichts von dem hinreißenden Fluß des erregenden Wachsens, das sich im Westen in einer oft unhemmbaren Wucht über das Feld breitet. Neben dieser brausenden Heftig keit, die viele Arbeiten des Innviertels charakterisiert, wirken die gotischen Beschläge im Süden, Osten und Norden des Landes still, fast ohne Ausnahme viel bescheidener, ja zum Teil einfallsloser. Sie empfangen allein ihre ornamentale Wir kung aus den Momenten des Parallelismus und der Wieder holung ein und derselben Idee. Gerade diese beiden Möglich keiten kommen jedoch für die bedeutendste Innviertier Gruppe, die von dem aufgeworfenen „Vogelkopf" bestimmt ist, gar nicht in Betracht, und diese von ihm bestimmte Situation macht es möglich, daß der Beschlag einem Gewoge von Wellen kämmen gleicht, die durch die Lilienäste gegliedert werden. einem Gewoge von fast drohender Bewegtheit und Über flutung des Feldes. Das Einsetzen der Nägel mit großen, run den Köpfen an die Bänder hat zu dem Vergleich mit „Wikin gerschiffen" geführt". Aus diesen Schnäbeln entfalten sich — explosiv wie Raketen — die Lilien. Sie wirken wie Nieder schläge des unruhigen Geistes, der die Flamme bestimmt, und werden zu Kündern einer Vorstellung, die aus fernen Tagen, da man die Schmiede noch als Zauberer ansah,zu uns spricht. Diese das Feld überspinnenden Abstrakta sind, so grandios sie sein mögen, nun freilich an das Holz niedergebundene Kunst, aber sie sind raumgreifend wie der Stil des zweiten Barocks der Spätgotik, in der in einem renaissancehaften Be sinnen die eigene Vorstellungswelt zu sprechen beginnt. Wenn wir nochmals an die Nägelköpfe erinnern und die Möglichkeit des Lichtspieles an ihnen unterstreichen, so können wir unsere Formbeschreibung ohne Schwierigkeit auf die Strömung der Donauschule verwenden. Die Verwandtschaft über die Form bewegtheit her ist überzeugend,die geheime Romantik unüber sehbar. Kulturgeographische Lage und stammliche Äußerung bieten sich gleichfalls als eine Parallele für beide Kunst gebiete an. Noch sind keine endgültigen und völlig geklärten Umrißlinien für das Wesen der Donauschule selbst gezeichnet, aber unsere Beschreibung der Innviertier Eisenkunst weist nichts auf, was nicht in das Bild der Donauschule hineinpassen würde. Schwieriger ist die Frage, warum wir südöstlich der Traunlinie keine dieser Beschlagstypen finden. Diese Frage führt auf das Problem der Nahtlandsituation Oberösterreichs, die schon wiederholt beleuchtet wurde und hier durch die Eisenkunst der Gotik eine unübersehbare, neuerliche Bestätigung erhält. 44

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