Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr

65 chungen bis zum Jahre 1611 hinzogen. Obwohl der Streit noch nicht beige- legt war, begann die Stadt in diesem Jahre den Bau auszuführen, wogegen der Abt heftig protestierte. Schließlich wurde doch ein Vertragsabschluss zustande gebracht, der die Vollendung des Getreidestadels im Jahre 1612 ermöglichte. Der Speicher gelangte 1628 in den Besitz der Innerberger Hauptgewerkschaft. Der Innerberger Stadel gehört der deutschen Hochrenaissance an. Hervorzuheben sind der Doppelgiebel, das Hauptgesimse, das Rustikaportal und der reiche Sgraffitoschmuck. Das Wappen inmitten der breiten Fassade erinnert noch an die Zeit der Innerberger Hauptgewerkschaft, das Fresko über dem Haupteingang, Joseph in Ägypten, deutet an, dass das Gebäude als Getreidespeicher verwendet wurde. Die Sgraffito-Kunst („Kratzputz“, Schabmalerei), die uns an diesem Ge- bäude so wirkungsvoll entgegentritt, wurde durch italienische Maurer ver- breitet. Sie war in Steyr zwischen 1586 und 1617 sehr beliebt und findet sich daher noch an anderen Gebäuden. Als den schönsten Renaissance-Bau unserer Stadt bezeichnen Kunst- historiker das Schloss Engelhof in der Haratzmüllerstraße Nr. 66. Dieses Schloss wird urkundlich schon im 13. Jahrhundert genannt, zeigt noch goti- sche Reste und wurde im 16. Jahrhundert umgestaltet. Ein Türstock trägt die Jahreszahl 1586. Besitzer dieses Schlösschens waren in früheren Jahrhunder- ten die Herren Engel von Wagrein, der Jesuitenorden und die Stadtge- meinde. Ein Renaissance-Gebäude einfacher Art ist das Schloss Engelseck in der Redtenbacherstraße Nr. 9, das bis 1642 den Namen Teufelseck führte. Stimmungsvoll sind die im alten Stadtgebiet noch erhaltenen Arkaden- höfe und Haustore aus dieser Stilepoche (Stadtplatz Nr. 2, Nr. 9, 34, 39). Die Stadtmusik Bei allen offiziellen Anlässen der Stadt musizierte eine kleine, privile- gierteMusikkapelle. Ihre Entstehung geht jedenfalls auf die im 15. Jahrhundert gebildeten Stadtpfeifereien zurück. In Steyr und in anderen Städten oblag die Führung dieses Musikerverbandes dem Stadtturnermeister. Die ihm unter- stellten vier Musikanten wurden wie im Handwerk als Gesellen bezeichnet.

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