OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

145 Nach dem Mahle ging die Fahrt zurück durchs Gosautal bis zum Klaushof, wo die Wagen beim Beginn des oben erwähnten Hauptstollens verlassen wurden. Der Eingang wurde auf bequemem Serpentinenweg erreicht und der mit Öllämpchen beleuchtete Stollen bis zu dem imposanten Wasserschloß in einer halben Stunde durchwandert, woselbst beim Austritte sich den Besuchern ein großartiger Anblick auf das etwa 200 Meter unterhalb liegende Steeg mit der neuen Kraftzentrale bot, die mit dem Stollen durch eine mächtige Rohrleitung verbunden ist. Der Weg führte auf bequemen durch Geländer gesicherten Serpentinen nach abwärts, man versammelte sich vor dem in allen Teilen prächtig ausgeführten Gebäude der Zentrale, wo die Besucher mit Musik … empfangen wurden. Vor dem großen Tore hielten zuerst der Bürgermeister von Goisern, sodann der Statthalter und Baurat Stern Ansprachen, worauf der Landeshauptmann in schwungvoller Rede die Verdienste der Betreiber würdigte. Anschließend erfolgte eine Führung in der Zentrale Steeg.“23 Die Bauchronik verzeichnet auch einige tödliche Unfälle: im Jänner 1910 stürzte ein Arbeiter bei einer Abraumhalde des Stollens 130 Meter in die Tiefe, im September explodierte im Tunnel ein Blindgänger, der einen Arbeiter tötete, einen anderen schwer verletzte, und im November geriet ein Tagelöhner aus Unvorsichtigkeit in die Starkstromleitung.24, 25 Zu tätlichen Konflikten kam es hin und wieder ebenfalls unter den Arbeitern; im Mai 1910 wurde ein Kroate im Streit gar erstochen.26 mann Hauser an der Spitze auch viele andere nebst Vertretern der Presse und der Industrie, im ganzen gegen 100 Personen, beteiligt haben. Der Baurat Stern und Herr Ingenieur Hafferl hatten die Führung übernommen. Den Teilnehmern stand ein Separatzug zur Verfügung, der in Linz um halb 8 Uhr morgens abging und in Wels, Lambach, Attnang, Gmunden, Ischl und Goisern Aufenthalt nahm, um die Gäste aus diesen Orten aufzunehmen. Die Ankunft in Steeg erfolgte um 10 Uhr, von wo aus sodann mittelst bereitgestellter Landauer die Fahrt bei herrlichem Wetter durch das schöne Gosautal bis zum vorderen Gosausee angetreten wurde. Hier gaben Baurat Stern und Ingenieur Hafferl technische Erklärungen über die bisher fertig gestellten Arbeiten und die großzügigen Projekte, mit denen sich die beiden genialen Techniker für die nächste Zukunft tragen. Für die außerordentlich glückliche Hand, mit der die Herren Stern & Hafferl die größten technischen Schwierigkeiten überwinden, sprechen am deutlichsten die kurze Zeit, mit welcher sie ihre Projekte zum Abschluss bringen, und die erstaunlich billige Art ihrer Arbeitsführung. So kommt bei den Gosauwerken die Herstellung einer Pferdekraft auf kaum 500 Kronen, während sie imVergleich hiezu bei dem vom Land Niederösterreich an den Laßnitz-Fällen errichteten Werke auf weit über 4000 Kr zu stehen kommt. …Während die Teilnehmer an der Exkursion am vorderen Gosausee weilten und nebst Betriebsanlagen das überwältigende Panorama der Natur bewunderten, wurden gerade große Sprengungen vorgenommen, die, begleitet von dem donnerähnlichen Echo der Explosionen, das grollend aus den Bergen widerhallte, ein grandioses Schauspiel ergaben. Voll von Bewunderung wurde die Rückfahrt nach Gosau angetreten, wo um 1 Uhr beim Brandwirt ein reichlicher Mittagstisch für die Gäste bereit stand. Der Herr Statthalter toastierte in kurzenWorten auf die gastgebenden Firmen und sprach von einem Werk, das einzig in der Monarchie dastünde. 23 Steirische Alpenpost, 29. Oktober 1910. 24 Ischler Wochenblatt. 9. Oktober und 27. November 1910, Steirische Alpenpost, 22. Jänner 1910. 25 Ischler Wochenblatt, 19. September 1909. Genaue Angaben bis zum Stollendurchschlag vgl. Marchetti, H., 2003: Stern & Hafferl. Visionen mit Tradition. – Gmunden, S. 84. 26 Steirische Alpenpost, 18. Juni 1910.

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