OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

144 befindet. Nach Vortrag eines Musikstückes und einem fröhlichen Glückauf begaben sich die Teilnehmer unter Führung des Ingenieurs Peschek in den Stollen. Die in jeder Beziehung angenehme Wanderung durch denselben erregte natürlich … großes Interesse. Man konnte sich auch von dem aufs genaueste erfolgten Durchschlag überzeugen. Nach fast einstündiger Wanderung wurde die Mündung des Stollens auf der Goisererseite in 200 m Höhe über dem Hallstättersee erreicht … Überraschend war der Anblick des heimatlichen Tales, und erhebend war es, als die Teilnehmer in ein begeistertes ‚Hoch‘ auf unseren Monarchen einstimmten und die Musikkapelle unter Böllersalven die Volkshymne intonierte. Nach Besichtigung des im Felsen ausgesprengten Wasserschlosses, welches den Dimensionen nach dem Inneren eines Domes gleicht, wurde der Abstieg zur Zentrale unternommen. Hier erwartete die Besucher Herr Ingenieur Neumann und erklärte in liebenswürdigster Weise die sehenswerte Anlage. Man staunte nur, was die vollendete Technik in so kurzer Zeit zu leisten imstande war. NachdemHerr Josef Putz imNamen aller Teilnehmer der Firma Stern &Hafferl und insbesonders den Herren Bauleitern für ihr Entgegenkommen gedankt, begaben sich die Teilnehmer in Klackls Gasthof zum „gold. Schiff“, woselbst die Musikkapelle in anerkannt vorzüglicher Weise bis zum Anbruch der Dunkelheit konzertierte.“22 Ende Oktober waren die Arbeiten so weit fortgeschritten, dass sich eine hochrangige Landesdelegation von der neuen Errungenschaft überzeugen konnte: „Über Einladung der Firma Stern & Hafferl hat am Sonntag, den 28. Oktober, die Besichtigung der Gosauwerke durch den oö. Landtag stattgefunden, an welcher sich außer 49 Abgeordneten mit dem Herrn Landeshauptwelcher eine Gesamtlänge von 2065 Metern hat. Von der Gosauseite wurde die Sprengung zeitweise, insbesondere in letzter Zeit, wegen Sickerwasser stark behindert, weshalb sich auch der Durchbruch verzögerte. Die technische Leitung oblag Herrn Ingenieur Neumann, Schwiegersohn von Herrn Baurat Stern, und ist die Ausführung tadellos gelungen. Im Maschinenhaus wurden bisher 4 Turbinen aufgestellt und die kolossalen Druckrohre, von denen jedes 5000 Kg wiegt, sind zur Hälfte gelegt. Überhaupt bildet die ganze Bauausführung gegenwärtig einen interessanten Anblick und sieht man namentlich am Sonntag scharenweise Neugierige nach Steg pilgern.“21 Für den Transport der schweren Eisenteile vom Bahnhof zum 800 Meter entfernten Werk war eine umfangreiche Logistik nötig. Der altersschwachen Steegbrücke waren derartige Tonnagen nicht mehr zuzumuten, weshalb man einen eigenen „Mutzen“ von 25 Tonnen Tragkapazität konstruierte; so wurden die Rohre, nach Einrichtung von zwei Landungsstegen, auf einem Schleppgleis und mittels Drahtseilwinde über den See transportiert. Für die damalige Zeit war dies und v. a. die folgende Verlegung der Rohre an den endgültigen Bestimmungsort (in rund 200 Metern Höhe!) eine bautechnische Meisterleistung. Anfang September lud Stern & Hafferl die Bevölkerung stolz zu einer „Stollenwanderung“ mit Volksfestcharakter: „Durch das freundliche Entgegenkommen seitens der Firma Stern & Hafferl wurde es den Bewohnern von Goisern ermöglicht, am 8. September den über 2 km langen Stollen durch das Ramsauergebirge und die großartig angelegte und eingerichtete Kraftzentrale in Steeg zu besichtigen. Unter klingendem Spiel der Goiserer Bürgermusikkapelle begaben sich die 110 Teilnehmer in das Gosautal bis zur Gosaubrücke, in deren Nähe sich der Eingang des Stollens 21 Ischler Wochenblatt, 31. Juli 1910. 22 Ischler Wochenblatt, 18. September 1910.

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