OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

123 die „alte Hexenreligion“ wieder aufleben zu lassen. In diese „konkreten Quellen“ gönnte er niemandem Einblick, aber er bezog sich ganz allgemein auf die Zeit der Hexenverbrennungen und auf die prähistorische Vergangenheit, wenn es darum ging, seiner (neuen) Religion Im deutschsprachigen Raum am besten untersucht, auch in Hinblick auf die Verbindung zur Archäologie, ist das Neogermanentum.7 Von den drei neuheidnischen Gruppen ist das Neogermanentum politisch und weltanschaulich am problematischsten – eine Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut ist dieser Szene nach den umfassenden Studien vor allem von Stefanie von Schnurbein nicht abzusprechen. Es gibt durchaus Gruppen vonNeogermanen, die sich bewusst und einigermaßen glaubwürdig von der nationalsozialistischen Vergangenheit und einschlägigen Symbolen, Themen und Meinungen abgrenzen. Ein Großteil riskiert jedoch regelmäßig, vom deutschen Verfassungsschutz überwacht zu werden – und das mit gutem Grund. Einige Gruppen halten vor allem Schriften wie jene von Jörg Lanz von Liebenfels oder Guido von List in Ehren, deren nationalsozialistische Gesinnung bestens belegt ist. Im Unterschied zu anderen neuheidnischen Gruppen zeigen sich hier auch Tendenzen zur Pflege eines traditionalistischen und nationalsozialistischen Frauenbildes. Was die konkreten Quellen zur (prä-)historischen Vergangenheit angeht, bedient sich das neogermanisch ausgerichtete Neuheidentum vor allem der Edda, ansonsten archäologischer Quellen. Völlig anders orientiert ist Wicca, die Religion der Neuen Hexen (siehe Fußnote 7). Hier steht „die Göttin“ und damit die Frau imMittelpunkt.8 Ronald Hutton (2001) konnte eindeutig die Entstehung von Wicca in den 40er- und 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts in Großbritannien belegen. Der charismatische Gründer Gerald Gardner wollte geheime Quellen erschlossen haben, die ihm erlaubten, 6 Die Begriffe „Neue Hexen“ und „Wicca“ werden von der Szene teilweise synonym, teilweise als Gegensatzpaar verwendet. Ich verwende sie hier synonym. „Wicca“ bezeichnet sowohl die Religion als auch die Praktizierenden. 7 Bischofberger 1996; von Schnurbein 1992a, 1992b, 1996a, 1996b, 1996c, 2001, 2004, 2006; Mölders/Hoppedietz 2007; Pöhlmann 2006. 8 Diese grundsätzliche Ausrichtung auf den weiblichen Aspekt, auch in Hinblick auf die Verehrung einer Göttin (die mit unterschiedlichsten Namen und in unterschiedlichsten Ausprägungen verehrt bzw. in die Rituale einbezogen wird), verhindert nicht die gleichberechtigte Aufnahme von Männern – ganz im Gegenteil ist für praktizierende Wicca der männliche Aspekt auch innerhalb von Ritualen bedeutsam. Die spezielle Form des „Dianic Wicca“ lässt jedoch nur Frauen zu. Ross Nichols, Gründer des heutigen international agierenden „Order of Bards, Ovates and Druids“ (Orden der Barden, Vaten und Druiden).

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