OÖ. Heimatblätter 1955, 9. Jahrgang, Heft 2/3

Willvonseder: Das Mondseeland in urgeschichtlicher Zeit Die beiden Pfahlbaustationen vom Mondsee stehen zwar an Zahl und Ausdehnung, aber auch an Bedeutung der Funde, nicht unbeträchtlich hinter den Atterseepfahlbauten zurück, sind aber, vor allem durch die eingehende Veröffentlichung von L. Franz und J. Weninger (1927) in der Fachwelt unvergleichlich besser bekannt geworden als jene. Aus diesem Grunde hat sich für die in den oberösterreichischen Pfahlbauten so eindrucksvoll vertretene Kultur, die am Ausgang der Jungsteinzeit (um den Beginn des 2. vorchristlichen Jahrtausends) steht und in die Frühbronzezeit hineinreicht, der Name „Mondseekultur" eingebürgert. Sie gehört einem großen Kreis bereits metallführender endneolithischer (,,äneolithischer"), hauptsächlich in Mittel- und Südosteuropa verbreiteter Kulturen an, die gewöhnlich als „nordisch" bezeichnet werden. Bei der Mondseekultur, die der Altheimer Kultur in Bayern nahesteht, denkt man an Beeinflussung durch bandkeramische Kulturen, spricht sie daher als bandkeramisch-nordische Mischkultur an oder reiht sie in eine Gruppe „südlicher und südöstlicher Mischstile" des Spätneolithikums ein 31 ) . Diese Einordnung kann aber, wenn man neuere Forschungsergebnisse berücksichtigt, wenigstens in dieser allgemeinen Formulierung, heute nicht mehr recht befriedigen. Wie dem auch sei, die Mondseekultur, die durch steinerne Knaufäxte, Sichelmesser aus Hornstein, eine Tonware mit weiß inkrustierten Mustern und mancherlei Gerät aus Kupfer und Bronze charakterisiert ist, erscheint außerhalb der Pfahlbauten des Mond-, Atter- und Traunsees an mehreren Fundplätzen in Oberösterreich und Salzburg 32 ). Schon M. Much wies darauf hin, daß außerhalb der Pfahlbauten an den Seen Funde aus deren Besiedlungszeit fast gänzlich fehlen und er „vergeblich nach einem Begräbnisplatz der Pfahlbaubewohner und nach Ansiedlungen auf dem benachbarten Land gesucht habe". Er schloß daraus, ,,daß es in der Nähe der Seen keine_Ansiedlungen auf dem Lande gegeben hat". E. Theuer glaubte, die Pfahlbauten am Mond- und Traunsee seien zu Ende der Steinzeit von ihren Bewohnern verlassen worden; ein „gewaltsamer Untergang" sei aber in keinem Falle nachweisbar 33 ). Von den Pfahlbauten von Kammer (richtig Kammerl) und Seewalchen am Attersee nimmt E. Theuer an, daß sie „ziemlich weit" in die Bronzezeit hineinreichten. R. Pittioni meint, es sei auch das „Hinterland" der Pfahlbauten besiedelt gewesen. Aus dem nördlichen Vorland des Attersees sind heute einige Funde bekannt, die mit den Pfahlbauten in Beziehung gebracht werden können, doch gibt es außer ein paar siedlungsgeschichtlich bedeutungslosen Einzelfunden (hauptsächlich Steinbeilen) aus dem unmittelbaren Bereich der Seen noch immer keine sicheren Anzeichen für eine größere Ausweitung der Kulturlandschaft oder gar eine das „Hinterland" erfassende Ökumene. Eine solche läßt sich im Mondseeland vorläufig auch für spätere Abschnitte der urgeschichtlichen Zeit nicht erweisen. Schließlich darf man nicht übersehen, daß hier die Ökumene auch gegenwärtig noch von verhältnismäßig geringer Ausdehnung ist. 103

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