OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 2

Lebensbilder Ami Boué Ein Pionier der geologischen Forschung in Oberösterreich Die mannigfach gestaltete und aufgeschlossene Landschaft Oberösterreichs fesselte bereits frühzeitig das Interesse bedeutender Naturforscher; insbesondere einige Vorkämpfer der Geologie waren schon in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts auf oberösterreichischem Boden rege tätig und erarbeiteten da¬ mals dieser noch jungen Wissenschaft Grundlagen, auf denen dann durch Jahr¬ zehnte weiter aufgebaut werden konnte. In erster Reihe dieser verdienten Forscher steht Ami Boué. Ami (Amédée) Boué wurde am 16. März 1794 in Hamburg geboren. Väterlicherseits entstammt er einer ehemals in Bergerac in der Dordogne heimi¬ schen Hugenottenfamilie, die nach Aufhebung des Ediktes von Nantes um 1705 nach Hamburg auswanderte. Die Vorfahren seiner Mutter, einer geborenen de Chapeaurouge, waren ursprünglich in Straßburg seßhaft und führten einst den Namen von der Nothhut; bereits im 15. Jahrhundert übersiedelten sie nach Genf; im Jahre 1763 ließen sie sich endgültig in Hamburg nieder. Die Boué's und die Chapeaurouge's waren mächtige, begüterte Handelsherren und Reeder; sie zählten zu den angesehensten und einflußreichsten Familien der alten Hansestadt. Die Kindheit Ami Boué's war durch ein schweres Familienzerwürfnis ver¬ düstert. Die unglückliche Ehe seiner Eltern wurde zu Gunsten seiner Mutter ge¬ schieden, die frühzeitig verstarb; mit zehn Jahren war der junge Boué Waise. An¬ fangs in einem Hamburger Pensionat, dann eine Zeit im Elternhause unterge¬ bracht, wurde er von seinem 12. Lebensjahre an bei Verwandten in Genf erzogen und gewann unter dem Einfluß seiner Lehrer frühzeitig Interesse an den Natur¬ wissenschaften. Im Jahre 1814 begab er sich nach Edinburg, um das bereits in Genf begonnene Studium der Medizin zu vollenden und wurde dort 1817 zum Doktor der Medizin promoviert. Ungeachtet dessen setzte er in den folgenden Jahren seine Studien in Paris, Berlin und Wien fort und wandte sich hiebei mehr und mehr den Naturwissenschaften, vor allem der Geologie zu. Durch den frühzeitigen Tod seiner Eltern in den Besitz eines großen Ver¬ mögens gelangt, vermochte der junge Forscher sich ganz der Wissenschaft zu widmen und vor allem in noch jungen Jahren weite Reisen zu unternehmen, die ihm Gelegenheit gaben, einen Großteil Europas kennen zu lernen und hiebei aus eigener Anschauung zahlreiche wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Diese Reisen führten ihn mehrfach durch Österreich. Auf einer von ihnen lernte ei in Wien Eleonore Beinstingl kennen, die seine Gattin wurde und ihm bis an sein Lebensende eine treue Lebensgefährtin blieb. Nach mehrjährigem Aufenthalt in der Schweiz erwarb er in Wien sowie in Bad Vöslau Haus- und Grundbesitz und ließ sich 1835 dauernd in Österreich nieder. Seine Ehe blieb kinderlos. 178

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