OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 2

Maurer: Zur Wertung der oberösterreichischen Grenzen und Fußsteige in der Lage sind, die hochgelegenen Scharten und öden Kalkhoch¬ flächen zu überqueren. Durchgängiger und damit als Lückengrenze erweist sich nur der Abschnitt zwischen Koppenkarschlucht und Totem Gebirge sowie der Grenz¬ verlauf östlich der Warscheneckgruppe. Die verkehrssammelnde Wirkung der Lückengrenzen kommt hier trefflich zum Ausdruck, indem in ihrem Bereich nur drei wichtige Übergangsstellen liegen, die, wenn auch zweimal nicht ganz an der gleichen Stelle, von Bahn und Bundesstraße benützt werden. Es sind dies die Koppenkarschlucht (Salzkammergutbahn) und Pötschenpaß (982 Meter, Straße Bad Ischl — Bad Aussee), Pyhrnpaß (945 Meter, Straße Kirchdorf — Liezen) und Bosrucktunnel (4760 Meter lang, Bahn Linz — Selztal) und schließlich die das Quertal der Enns benützende uralte Eisenstraße wie die Bahnlinie Klein¬ reifling — Hieflau. An der Enge von Altenmarkt verläßt auch die den Laussa¬ graben benützende Hengstpaßstraße (1024 Meter) endgültig den Grenzbereich, um die Verbindung zwischen Windischgarsten und St. Gallen herzustellen. Außer diesen Straßen wäre noch die durch die Koppenkarschlucht und über die Blaa-Alm (902 Meter) nach Altaussee verlaufende Straße zu erwähnen. Entsprechend der geringen Durchgängigkeit erreicht hier die Verkehrsweg¬ dichte bloß 5,8 und die Verkehrshäufigkeit ist mit 20 Zugs- und 2 Autobus¬ paaren (14,3) kaum mehr als ein Viertel der Salzburger Grenze. Dazu kommt noch, daß der Verkehr auf der Ennstalstrecke mehr der Verbindung zwischen Niederösterreich und den westlichen Alpenländern dient als der Verbindung zwischen Oberösterreich und Steiermark. Ein Gegenstück dazu bildet die Pötschenstraße, die die kürzeste Verbindung zwischen Salzburg und Graz herstellt. Der Hauptdurch¬ gangsverkehr zwischen Oberösterreich und seinem südlichen Nachbarland führt daher größtenteils durch den Bosrucktunnel und über den schon von den Römern be¬ nützten Pyhrn. Unter all diesen Voraussetzungen ist auch der Verkehrswert mit 82,9 ziemlich klein. Auch im Landschaftsbild kommt diese Gebirgsgrenze durch größere Unter¬ schiede etwas mehr zur Geltung als ihre Schwestergrenzen. Allerdings muß man einen breiten Streifen im Auge haben und nicht eine Linie. Das Ausseerland ist physisch und kulturell ein Sondergebilde, das weder Oberösterreich noch der Steiermark voll zugezählt werden kann. Die für die Steiermark kennzeichnende Kristallinzone beginnt erst südlich des Ennslängstales, während vom Gesäuse¬ eingang an die Kalkalpen auch über die Enns reichen und daher nicht die mindeste Übereinstimmung mit dem Grenzraum mehr gegeben ist, der sich durch den Laussa¬ Graben nach Nordosten wendet und damit eher der schwächer ausgeprägten Grenze zwischen Kalkvor- und Hochalpen folgt. — Im Siedlungsbild ist der karantanische Haufenhof beiderseits der Grenze vertreten, während im Osten die Eisenstraße in wirtschaftlicher Hinsicht steirisches und oberösterreichisches Ennstal verbindet. So kann man bestenfalls dem Grenzabschnitt zwischen Salzsteigjoch (1684 Meter) und Pyhrgasgruppe eine gewisse Übereinstimmung mit Landschaftsunterschieden zusprechen, die an das hier grenznahe verlaufende Ennstal gebunden sind. 147

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