OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter Bahnlinie, die die tschechische Grenze überschreitet. Teilweise Bachgräben folgend, erreicht die Grenze schließlich die Nordhänge des Sternstein (1125 m) und damit die östlichen Ausläufer des Böhmerwaldes, die noch keine zusammenhängende Kammlinie bilden. So fehlen auch einheitliche Anhaltspunkte für die Grenz ziehung, die jetzt etwas südlich der Donau-Moldau-Wasserscheide bis gegen Sankt Oswald bei Haslach führt, wo sie aus der West- in die Nordrichtung springt, die Wasserscheide überschreitet und schließlich südöstlich des Hochficht (1337 m) den Vöhmerwaldhauptkamm erreicht, dem sie bis zum Dreimark folgt. Am durchgängigsten erweist sich die tschechische Grenze im Raum der Süd¬ böhmischen Pforte zwischen Sternstein und oberem Maltschtal, das einen einige 100 m breiten und 200 bis 300 m tiefen Graben bildet. Diese Pfortenlandschaft, in der die Grenze auch keine festen Anhaltspunkte für ihre Linienführung findet, wird von zwei Bundesstraßen und der schon erwähnten Bahnlinie benützt. Der Böhmerwaldabschnitt hingegen bildet das größte Hindernis der ganzen Grenze, die aber doch erst nach Erreichen der Kammlinie nordwestlich des Sattels von Schöneben (936 m) als Lückengrenze angesprochen werden kann. An keiner an¬ deren Stelle des Grenzverlaufs gibt es unüberwindliche Verkehrshindernisse, wes¬ halb der Großteil der Grenze als Durchgangsgrenze zu bezeichnen ist. Es handelt sich hier um eine Form des Grenzverlaufs, wie wir sie meist auf einem stark eingerumpften Mittelgebirge mit schwach ausgeprägter Wasserscheide vorfinden. Die Rauhheit des Klimas mit langdauernder und sehr reichlicher Schneelage wirkt zusammen mit der meist stärkeren Bewaldung hindernder als das Relief. So kommt es, daß die Nordgrenze unseres Landes an sich die durchgän¬ gigste von allen ist, weil ihr im Gegensatz zu den im Alpenvorland verlaufenden Grenzen auch größere Flußhindernisse fehlen. In anthropogeographischer Hinsicht ist sie jedoch als Staatsgrenze und seit 1945 auch als Sprachgrenze sehr stark ab¬ geschlossen, ja das Bild der Kulturlandschaft wird seither, obwohl die Naturland¬ schaft fast völlig gleich ist, vorwiegend durch die Grenzziehung bestimmt. Es ist nämlich nicht gelungen, die von den Sudetendeutschen geräumten Gebiete voll¬ kommen wiederzubesiedeln, so daß es teilweise jenseits der Grenze zu völliger Ver¬ ödung kam. Diese Verhältnisse bewirken, daß der Verkehrswert (8,9) dieser Grenze äußerst gering ist, ja, daß sie an letzter Stelle unter allen oberösterreichischen Grenzen steht *). Da diese Grenze bis 1918 und von 1938 bis 1945 keine Staats¬ grenze und ziemlich verkehrsreich gewesen war, wie es den naturgegebenen Ver¬ hältnissen entsprach, hat sich nun durch ihren Charakter als Staats- und Sprach¬ grenze ein auffallender Widerspruch zwischen Verkehrswegdichte (11,1) und Ver¬ kehrshäufigkeit (0,8) herausgebildet, da ja nur ein einziger Zug die Grenze bei Summerau überquert. Dadurch aber wird der Verkehrswert so stark herabge¬ mindert. Die Verkehrswegdichte spiegelt ja noch die Verhältnisse wider, wie sie vor *) Allerdings gingen über Summerau 1949 durchschnittlich 1231,2 Tonnen Ein- und Aus¬ fuhrgüter täglich (O. S. Nachr. vom 17. Juni 1950). 142

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