OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Kneidinger: Die Steinzeit Oberösterreichs Es gab Einzelgehöfte und Haufendörfer. An Hausformen können vor allem zwei unterschieden werden: die Wohngrube und das Viereckhaus. Die Wohngrube wurde in Österreich schon für das Aurignacien nachgewiesen und es ist nach Menghin möglich, daß die bandkeramische Wohngrube auf diese Wurzel zurück¬ geht 29). Im Grundriß waren diese Gruben gewöhnlich rundlich, der Oberbau war zeltartig und bestand aus Pfosten und Flechtwerk, das mit Lehm verstrichen war. Nach Willvonseder könnten wir uns diese Wohngruben ähnlich vorstellen wie die halbunterirdischen Weinhauerhütten im östlichen Niederösterreich 30). Die Verwendung der zweiten Wohnform, des Viereckhauses, geht vor allem aus Grabungen in Böhmen 31) und aus tönernen Hüttenmodellen hervor, die uns aus bandkeramischer Zeit erhalten sind. Ein solches Hausmodell stammt aus Střelitz in Mähren 32), das Bruchstück eines solchen Modells von St. Pölten in Niederösterreich. Danach bestanden die Seitenwände des bandkeramischen Hauses aus Pfosten, mit Flechtwerk dazwischen, das Dach war ein Firstdach mit Sparren und mittleren Stützen. Es war mit Stroh, Schilf oder Fellen gedeckt. In unmittelbarer Nähe der Wohnung befanden sich die Gräber. Die Toten waren als liegende Hocker (d. h. mit emporgezogenen Beinen) bestattet, als Bei¬ gaben wurden ihnen Tongefäße, steinerne Werkzeuge (z. B. Schuhleistenkeile), Handmühlen (bestehend aus Unterlagsplatte und Reibstein) und Muschelschmuck (Perlen, Armringe) mit ins Grab gegeben. Das wären einige Züge bandkeramischer Kultur, wie sie in Nachbarländern festgestellt wurden, wie sie aber ohneweiters auch für Oberösterreich angenommen werden können. Gegen Ende der bandkeramischen Kulturentwicklung tritt eine späte Abart der bemalten Keramik auf, die Einflüsse der in Österreich bisher nicht sicher nachgewiesenen Stichbandkeramik zeigt. Es ist die nach einem bayrischen Fundort benannte Münchshöfer Kultur. Sie ist bis jetzt im südöstlichen Bayern, im nördlichen Salzburg und im östlichen Oberösterreich zum Vorschein gekommen. Hier in Oberösterreich können zwei Fundplätze dieser spätbandkeramischen Misch¬ kultur angeführt werden: Dornach-Saxen bei Grein und Niederperwendt bei Wels. Im Jahre 1934 wurde an der Bahnlinie Grein—Mauthausen zwischen Dornach und Saxen beim Abgraben einer Böschung eine Kulturschicht aufgedeckt, die eine Anzahl von Funden lieferte, welche Pittioni der Münchshöfer Kultur 20) O. Menghin, Die ältere Steinzeit, Handbuch der Archäologie, herausgegeben von Walter Otto (München 1939) S. 403 —429. 30) K. Willvonseder, Weinhauerhütten von urzeitlichem Gepräge in Stillfried an der March (N.-Oest.), Wiener Zeitschrift für Volkskunde 37 (1932) S. 41—42. — Vgl. ferner: K. Hetzer und R. Pittioni, Vier Wohngruben der Lengyelkultur in Steinabrunn in Niederösterreich, Mit¬ teilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 1937 S. 66 —73. 31) E. Simbringer, Beiträge zur Linearkeramik Nordböhmens, Sudeta 1936 S. 1—6. - L. Hajek, Ein spiralkeramisches Rechteckhaus aus Böhmen, Nachrichtenblatt für deutsche Vorzeit 1942 S. 241 —244. 32) J. Schránil, Die Vorgeschichte Böhmens und Mährens, Tafel VI 6. 103

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