OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Goldinger: Dr. Jgnaz Zibermayr Archivs bei der Statthalterei abzielten, kamen deshalb zum Nutzen der Sache nicht zum Ziele. Es zeigte sich doch, daß auch in anderen, größeren Ländern, wo eine solche Regelung vielleicht eher am Platze war, damit nur Anlaß zu ver¬ schiedenen Rivalitäten gegeben war. Das weitausgreifende Gebiet des Schutzes der gefährdeten Schriftdenkmäler im Lande wurde geschickt und durchgreifend gefördert, durch ständige Überwachung und richtunggebende Verfügungen, die Zibermayr bei den maßgebenden Stellen des Landes durchzusetzen verstand. Auf diese Weise ist Oberösterreich gerade, was die Pflege der Gemeinde- und Zunft archivalien betrifft, vorbildlich geworden. Und unmerklich fast vollzog der neue Landesarchivar auch einen Schritt, der anderwärts nicht so reibungslos von statten ging, den Übergang zur strikten Durch¬ führung des Herkunftsgrundsatzes in der Ordnung und Verwahrung der Archiv¬ bestände. Dieser archivwissenschaftliche Denkbehelf war damals noch ziemlich um¬ stritten, zumindest nicht allgemein anerkannt und hat sich vor allem in Österreich erst verhältnismäßig spät durchgesetzt. Auch in Linz hätte die Tradition des Landesarchivs, dessen Bestände ja teilweise auf die nach dem entgegengesetzten Grundsatz, dem „Betreffgrundsatz“, erfolgte auswählende Tätigkeit des Museal¬ vereins zurückgingen und durch die Sammeltätigkeit Krackowizers ergänzt worden waren, schon durch das solchen Gewohnheiten anhaftende Beharrungsvermögen eher in die alte Richtung gewiesen. Zibermayr machte sich aber bei der Be¬ arbeitung der Neuerwerbungen, etwa der Salinenarchive oder von Bruchstücken der so vielfach zersplitterten Archivalien der aufgehobenen Klöster den Herkunfts¬ grundsatz zu eigen. In derselben Weise ging er, soweit sich das eben durchführen ließ, auch bei der Ordnung und Inventarisierung der zahlreichen Gemeindearchive vor, die durch ihn oder unter seiner Anleitung erfolgten. Oberösterreich ist dann auch das erste österreichische Land gewesen, das solche Inventare der Öffentlichkeit im Druck zugänglich machte und damit der Geschichtswissenschaft und der Heimat¬ kunde einen großen Dienst erwies. Dadurch wurde natürlich die Landesgeschichte in reichem Maße gefördert. Aber eines hat der große Praktiker Zibermayr nicht vergessen, daß die beste Inventarisierung nichts nützt, wenn die so verzeichneten Bestände nicht laufend überprüft werden können. Mag man auch anderwärts zu dieser Erkenntnis gekommen sein, zumeist ist es nicht gelungen, die dafür erforderlichen, an sich bescheidenen Mittel sicherzustellen. Zibermayr verstand es aber, das Interesse der maßgebenden Faktoren auch für dieses oft geringschätzig betrachtete Aufgabengebiet wachzurufen, wie über¬ haupt die Ausgestaltung des Landesarchivs, man denke bloß an die Ankäufe gefährdeter Archivalien, die sonst nicht zu retten gewesen wären, oder an den Ausbau der Archivbibliothek, deren beneidenswerte Reichhaltigkeit manche gleich¬ geartete Wiener Fachbücherei in den Schatten stellt, im Laufe der Jahre nicht unbeträchtliche Mittel erfordert hat, deren Bereitstellung nicht nur der Landes¬ verwaltung das beste Zeugnis ausstellt, sondern in erster Linie auf die unermüd¬ 137

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