OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter die Entwicklung des österreichischen Archivwesens einen nachhaltigen Einfluß aus¬ geübt hat. Ja, auch als akademischer Lehrer hat er das Fach der Archivkunde vertreten, er hat schon bei seiner Habilitation in Innsbruck 1887 eine solche Vor¬ lesung angekündigt und später am Institut in regelmäßigen Abständen immer wieder gelesen. Auch Zibermayr war sein Schüler. Soviel aber nun die österreichischen Archivare, von denen die älteren fast alle seine Schüler gewesen sind, Redlich als Forscher, als Lehrer, als Menschen verdanken, zu dem sie mit ihren wissenschaftlichen, amtlichen und privaten Sorgen immer wieder kommen konnten — zahlreiche Briefe in seinem Nachlaß beweisen es —, die Fortschritte, die seit 1894 im österreichischen Archivwesen erzielt worden sind, wären kaum zustande gekommen, wenn nicht neben Redlich der aus Ober¬ österreich gebürtige Innsbrucker Archivdirektor und nachmalige Bundeskanzler Michael Mayr als Mahner, manchmal als sehr unangenehmer Mahner, auf¬ getreten wäre. Michael Mayr, den wir gleichfalls als eine der bedeutsamsten Gestalten in der Reihe der österreichischen Archivare ansehen dürfen, hat ein besonders scharfer Blick für die Erfordernisse des praktischen Dienstes und die engen Be¬ ziehungen, die die Aufgaben der Archive mit jenen der Verwaltung verbindet, ausgezeichnet. Er hat in Innsbruck viele Dinge durchgeführt, die ihm nicht nur die Wiener Zentralbürokratie sehr übel nahm, denen auch die im Archivrat ton¬ angebenden Professorenkreise,mitunter auch der behutsame Oswald Redlich nicht zu folgen vermochten. Redlich und Michael Mayr sind die beiden Säulen, auf denen die Fortschritte im österreichischen Archivwesen seit der Jahrhundertwende beruhen, keiner ist auf diesem Gebiet ohne den andern zu denken, jedem kommen in seiner Art besondere Verdienste zu. Es war nun eine Ausstrahlung der in Wien seit 1894 in Angriff genommenen Organisierung der staatlichen Archive, daß die in Oberösterreich im Kreise um Strnadt wirksamen Bestrebungen, die an alte Traditionen aus der Zeit der Land¬ stände anknüpften, zugleich aber auch das Erbe der Romantik und des Museal¬ vereins bewahrten, endlich im Jahre 1896 zur Gründung des selbständigen ober¬ österreichischen Landesarchivs führten. An der Wiege dieser Anstalt standen zwei Männer, deren Gutachten man eingeholt hatte. Josef Zahn und Michael Mayr Als Landesarchivar wurde zunächst Ferdinand Krackowizer bestellt, ein verdienst voller Autodidakt, der ungefähr Gestalten wie David Schönherr in Innsbruck, dem Vorgänger Michael Mayrs, oder Friedrich Pirckmayr in Salzburg an die Seite zu stellen ist. Als er nach wenigen Jahren in den Ruhestand trat, war es der junge Institutler Zibermayr, der seinen Posten übernahm und in seiner sich über mehr als vier Jahrzehnte erstreckenden Amtstätigkeit das oberösterreichische Landesarchiv zu jener Musteranstalt machte, als die sie sich heute uns darstellt. Mit sicherem Blick hat er sofort als Aufgabe erkannt, ein Zentralarchiv des Landes zu schaffen, das auch die staatlichen archivreifen Schriftbestände in sich aufzunehmen hätte. Strömungen, die auf die Errichtung eines selbständigen 136

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