OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Burgstaller: Die Leiter als Sinnbild flachen Gebäckes mit 3, 24 oder 40 Querstreifen, die an die Stufen einer Leiter erinnern“ 18). Ausdrücklich vermerkt B. Zelenin hiezu, daß „dies ein Symbol des Aufgangs des Toten in den Himmel“ sei, so daß hier die Leiter neben ihrer jahreszeitlichen Symbolik den Weg der Toten darstellt, auf dem, gleich der be¬ rühmten „Leiter des Osiris“ 19), die Verstorbenen emporklimmen zu den Gefilden der Seligen in einem glücklichen Jenseits20) Eine dritte Bedeutung der Leiter als Gebildbrot wird ebenfalls durch Zelenin bezeugt, indem er berichtet, daß in derselben Gegend Großrußlands auch am Christi-Himmelfahrtstag Gebäcke in Leiterform hergestellt werden, die man in das reifende Korn stellt, um es durch diese Handlung zu besonders kräf¬ tigem Wachstum anzuregen 21) 2. als Christbaumschmuck. Bei einzelnen Familien des oberen Mühlviertels und Kremstales, die noch alten Christbaumschmuck aus der Zeit vor 1900 besitzen, findet sich neben dem häufigen, in eiliger Fahrt auf glitzerdem Schimmelgespann dahersprengenden Christkind (eine verchristlichte Form des Goldenen Rößls) und, in Klaus, auch vergesellschaftet mit einer kleinen vergoldeten Rute, eine rote oder versilberte, meist siebensprossige hölzerne Leiter in der Größe von 15 —20 cm2la Leitern auf Christbäumen sind bildmäßig bisher nur zweimal belegt worden: einmal aus der Schweiz durch eine Abbildung in der „Neuen Zürcher Zeitung vom 23. Dezember 1934 (nach „Herrlibergers Ausruf-Bildern“)22), wo ein „Bäumlimann", ein Christbaumverkäufer, aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts wiedergegeben wird. Jedes der drei, durch ein kreuzförmiges Fußgestell eindeutig als Weihnachtbäumchen gekennzeichneten Tännlein, die er in seinen Armen hält, schmückt als einziger Zierat eine mehrsprossige Leiter. Den gleichen Schmuck trägt ein im Brandschutzmuseum Kiel aufgestellter Weihnachtsbaum (Abb. Germanien 1940, S. 467), der in entsprechender landschaftlicher Abwandlung mit einer als Fallreep angebrachten Strickleiter ausgestattet ist. Daß die Verbindung von Leiter und (verehrtem) Baum älter ist als die ersten, aus dem 17. Jahrhundert stammenden Nachrichten über die heutige Form unseres Christbaumes, bezeugt neben den mit den Leitern abwechselnden „tannenbaum¬ 18) B. Zelenin, Russische Volkskunde 332, 369, zit. nach Handwörterbuch, des deutschen Aberglaubens Bd V (Berlin und Leipzig 1932/33), Sp. 1202 ff. 10) Vgl. A. Jeremias, Allgemeine Religionsgeschichte (1924), S. 71. 20) Vgl. auch die in verschiedenen Texten des Puppen-Fausts geläufige Schilderung der Höllenqualen, die nach Mephistopheles so groß sind, daß die Verdammten gern „eine Leiter von Schermessern“ zum Himmel emporsteigen würden, wenn sie noch eine Hoffnung hätten. 21) Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens V, Sp. 1203 f. 21a) Über kleine, rot und weiß gestrichene Leitern, die vor 1900 als Christbaumschmuck bei den Krämern in Julbach, Klaffer, Ulrichsberg feilgeboten wurden, liegen Mitteilungen von A. Obermüller, Ulrichsberg, und A. Pfleger, Dietrichsschlag, beide Realgymnasium, Linz, und deren Eltern vor. 22) Abb. auch Germanien 1940 S. 466.

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