OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter artigen Zeichen“ auf der Gesichtsurne von Wittenburg-Neuburg (s. Altheim, S. 57) auch das 1520 verliehene Wappen der Herren von Bock, das neben dem redenden Wappentier einen Dreistufenbaum aufweist, an den von links her eine Leiter gelehnt ist (Abb. Germanien 1941, S. 153). Aufschlußreich erscheint auch die steinerne Grabplatte des 1731 verstorbenen Hans Hinrich Niemeyr in Pyrmont (Abb. Germanien 1940 S. 468), die rechts oben neben dem Reliefschmuck eine sichtlich erst später angebrachte Zeichnung eingeritzt trägt, die einen stilisierten Baum mit Radkreuz als Krone und eine an diesen von links angelehnte Leiter darstellt. Läßt dieses, jedenfalls einem alten Volksglauben entsprungene Bild, auf Vorstellungen schließen, wie wir sie über das Aufsteigen der Toten zu den Gefilden des ewigen Lebens, die der stilisierte Lebensbaum andeutet, bereits kennen, so entspricht der sich nach oben verjüngende Dreistufenbaum ohne Zweifel unserem heimischen Maibaum, dessen drei übereinander angebrachte Kränze sich ebenfalls nach oben verjüngen 23). Es ist bekannt, daß dem heute noch allgemein gebräuch¬ lichen Durchklettern dieser Kränze durch wagemutige Burschen die Kultübung der sibirischen Schamanen entspricht, bei ihrer Initiation durch die Rauchluke ihrer Jurte hindurch auf eine Birke zu steigen, um sich durch dieses Emporsteigen über die Erde aufzuheben und den höheren Welten zu nähern, aus denen sie Weisheit und priesterliche Kräfte holen 24). 3. als Brauchtumsgerät. Aus Waldkirch im Schwarzwald ist als Fastnachtsbrauch überliefert, daß dort die Burschen den Mädchen statt des sonst üblichen einfachen Schwärzens mit Ruß eine Leiter auf das Gesicht malen 25). Im Mühlviertel (Klaffer und Umgebung) läuft im Nikolauszug und beim „Untersetzen“ in der Weihnachtswoche auch ein rußgeschwärzter Bursche mit, oft als Rauchfangkehrer gekleidet, dessen Aufgabe darin besteht, seine „Gadarnloatarn“ (Seite eines Kindergitterbettes), die er mit sich führt, rasch einem Zuschauer anzulegen, auf ihr zu ihm emporzusteigen und sein Opfer gründlich mit Ruß zu bestreichen 26). Allgemein gilt die Gestalt des Nauchfangkehrers trotz des verhältnismäßig geringen Alters dieses Berufes27) als glückbringend. Sein Angang am Morgen wie besonders beim Glückwünschen zu Neujahr wird auch von den Städtern gern gesehen. Die Glücksbedeutung des Rauchfangkehrers beruht so sehr auf seiner Leiter, daß Rauchfangkehrer ohne diese oft gar nicht beachtet werden. So war es z. B. in Nied i. J. bis vor kurzem nicht selten, daß Rauchfangkehrer, besonders wenn sie zu mehreren gleichzeitig auftraten, mit einem „Bring mir's Glück!" an 23) Zur Bedeutung des Dreistufen-Baumes vgl. Germanien 1938 S. 147, 392; 1940, S. 287, 357 ff (Fr. Mößinger, Der Dreistufenbaum als Maibaum). 22) Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens V, Sp. 1202 f. (nach Holmberg, Baum des Lebens, 28 f). 25) K. Th. Weigel, Ritzzeichnungen usw., S. 32. 26) E. Burgstaller, Brauchtum in Oberösterreich (in Vorbereitung). 27) Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens V, Sp. 1203, IV, Sp. 939 ff. 50

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2