OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter denen nur der Edelkastanienwald von Unterach, die nacheiszeitlichen Buchs¬ bestände von Ternberg und die Riesensanddorne der Dornbleiche an der Donau genannt seien. In unserem Jahresreviergang sind wir bis in die winterliche Gebirgseinsamkeit geraten Hier überschneiden sich jagdliche Forderungen mit denen des Naturschutzes, denn dieser und die mit ihm innig verbundene Bergwacht bemühen sich sehr um die Hebung guter Wandersitten. Steineablassen, Johlen und Lärmen vergrämen das Wild derart, daß es oft genug in Reviere mit weniger günstigen Lebensbedingungen abzieht und dort in Zeiten kritischer Wetterlage elend zu Grunde geht. Unter den vielen gemeinsamen Interessen verdient die Pflege selten ge wordener Wildarten (Steinwild, Murmeltier, Adler, Uhu, Wanderfalk u. a.) hervor¬ gehoben zu werden. Mit dem Schutz der roten Waldameisen und ihrer Bauten stehen wir in einer Front mit dem Forstwirt; vernichtet doch ein einziges Waldameisenvolk täglich gegen 10.000 Schad insekten und trägt so zur Erhaltung des Naturgleichgewichtes bei. Dieses hängt oft von Dingen ab, die der Unbelehrte für gänzlich gleichgiltig hält. Er erachtet es z. B. als boshafte Willkür, wenn ihm die uneingeschränkte Entnahme der Waldstreu verwehrt wird. Woher soll er auch wissen, was die Bodenkunde in unendlicher Arbeit ans Licht gebracht hat: wie aus dem Fall-Laub dem Waldboden ein Teil der Nährkraft wieder ersetzt wird, wie die Heere von Kleinlebewesen die Walderde durchwühlen, durchlüften und durch ihren Stoffwechsel verbessern, so daß unter der schützenden, wasserspeichernden Moosschicht dem Walde, dem großen Gesundheitsbewahrer des Landes, auch seinerseits die Schönheit und Gesundheit gewahrt bleibt. Ein anderes Beispiel versteckter Gleichgewichtsstörung zeigt die Verölung stehender Gewässer durch Ölmotoren und Abwässer. Nicht nur, daß das Wassergeflügel daran unrettbar erkranken würde, schließt die kaum haardünne Slhaut an der Wasseroberfläche auch noch die Kleinlebewelt des Wassers, das für die Ernährung der Jungfische unentbehrliche Plankton, vom Luftsauerstoff ab und schädigt so aufs Schwerste die Fischerei. Ein Naturgleichgewicht steht da auf dem Spiele, das wir auch für die Stauseen wahren müssen. Dje Schwierigkeit der Einsicht in solche lebensgesetzliche Zusammenhänge führt zur Erkennt nis der bedeutenden Rolle, die die Schule im Naturschutz zu spielen berufen ist. Einer¬ seits soll durch Vermittlung gediegener naturwissenschaftlicher Kenntnisse das Verständnis für einen gesunden Naturhaushalt beständig gefördert werden, was viel gute Vorbildung und päda¬ gogisches Geschick bei den Lehrern voraussetzt. Andrerseits erwächst für den Lehrer die Pflicht, die Liebe und das Verständnis für die Heimat durch vorbildliches Wirken im Sinne des Natur schutzes jederzeit zu unterstützen und zu fördern. Wird das Gleichgewicht in der Natur gestört, so tritt eine Art Erkrankung ein, die ent¬ stellend und ertragmindernd wirkt. Wie nur der gesunde Körper volle Leistung und wahre Schönheit entfalten kann, so auch die Landschaft, als Organismus aufgefaßt. Ist sie noch reine Natur, so sorgt sie nach uralten Lebensgesetzen selbst für ihre „Gesundheit" und damit Schön¬ heit. Wir müssen nur die störenden Einflüsse der Zivilisation von ihr abhalten, wie in den aus¬ gesprochenen Naturschutzgebieten. Ist aber die Natur zur Kulturlandschaft geworden, so kann sich bei naturnaher, wohlausgewogener Bebauungs- und Siedlungsart eine neue Art von Harmonie und somit von Gesundheit und Schönheit herausstellen. Unser bäuerliches Alpenvorland gilt mit Recht als eines der schönsten Beispiele dafür: ein Land, aus dem Bruckner, Stelz hamer, Stifter ihre künstlerischen Eingebungen geschöpft haben. Aber wie sich der Kulturmensch viel bewußter und genauer gesundheitlich überwachen muß, als der mehr instinktmäßig in den Tag hinein lebende Wilde, so muß auch eine Landschaft, in der sich beständig menschliche Tätigkeit entfaltet, auch stetig überwacht werden. Eine wohlorgani¬ sierte Auslese von „Naturanwälten“ wird jenes kostbare Gut zu betreuen haben, das be¬ rufen ist, im Wiederaufbau unsres Landes und in der körperlichen und seelischen Wiedergesun¬ dung der Bewohner einen bestimmden Einfluß auszuüben: die Schönheit und Mannig falt unsrer Heimatnatur! 176

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