OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter Ulrich und Hans Ein Beitrag zur Geschichte der Vornamen Bis in das 12. Jahrhundert — auf dem Lande noch bedeutend länger hatte jede Person nur einen Namen, den wir heute als Vornamen oder Tauf¬ namen bezeichnen. Wenn ein Name zur Unterscheidung nicht genügte, fügte man den Namen des Vaters, wenn nötig auch den des Großvaters hinzu, ein Verfahren, das auf dem Lande heute noch nicht ausgestorben ist. Die Namengebung erfolgte zwar durch die freie Wahl der Eltern, aber durchaus nicht willkürlich, sondern nach bestimmten Gesetzen und Gewohnheiten1) Die Bildung der Vornamen ist zunächst schöpferisch und für den Charakter eines Volkes kennzeichnend. So denkt z. B. der Germane bei der Namengebung vorwiegend an Kampf und Ruhm, an Tüchtigkeit und Schönheit, Reichtum und Besitz. Anfangs wurden die altdeutschen Namen in großer Mannigfaltigkeit ge¬ braucht. Im 14. Jahrhundert ist schon eine gewisse Eintönigkeit festzustellen. begegnen beinahe nur mehr die Namen Ulrich, Konrad, Heinrich, Friedrich und einige andere. Noch Jahrhunderte nach der Christianisierung überwogen die alt deutschen Namen weitaus. Die Kirche hat sich ihnen gegenüber im ganzen Mittel¬ alter durchaus wohlwollend verhalten. Kein Provinzialkonzil, keine Diözesan¬ synode hat jemals die Beilegung dieser Namen verboten. Auch der Klerus selbst führte in seiner großen Mehrzahl solche Namen. Das Christentum hat zahlreiche nichtdeutsche Namen (hebräische, griechische, lateinische u. a.) übermittelt, die auch von unseren Vorfahren übernommen wurden. Seit den Kreuzzügen hatten besonders die christlichen Martyrernamen Eingang gefunden. Das Eindringen dieser Namen ging sehr langsam vor sich. Der alt¬ überlieferte Namenschatz war sehr reich, und die Menschen hielten zäh an ihm fest. Noch im 13. Jahrhundert machen die von der Kirche übermittelten Namen kaum ein Zehntel aus; noch im 14. Jahrhundert überwiegen die altdeutschen Namen bedeutend. Erst vom 14. und 15. Jahrhundert an werden die kirchlichen Namen häufiger und dann bald vorherrschend. Durch die Kirchenpatrone, Lita¬ neien, Legenden, Reliquien, dramatischen Spiele und nicht zuletzt durch die Zünfte und Bruderschaften mit ihren Schutzheiligen wurde das Volk mit ihnen vertraut. Über die in alter Zeit gebräuchlichen Vornamen geben uns in erster Linie die meist in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts einsetzenden Matriken¬ bücher und teilweise auch die Gerichtsprotokolle Aufschluß. Urkunden und Urbare führen noch bedeutend weiter zurück. Letztere überliefern allerdings fast nur männliche Namen. Der Übergang von den altdeutschen zu den von der Kirche übermittelten Namen läßt sich z. V. an der Hand der Schaunberger Urbare gut veranschaulichen. Die folgenden Angaben berücksichtigen nur die Altpfarre Natternbach. Diese umfaßte zunächst im wesentlichen die heutige Pfarre Natternbach. Sie erstreckte sich aber auch über die ganze Pfarre Neukirchen am *) Vgl. Fr. Berger, Über unsere Vornamen. Heimatgaue Ig 1 (1919/20), S. 237. 162

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2