OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Anschober: Neue Funde und Fortschritte in der Lindemayr-Forschung Neue Funde und Fortschritte in der Lindemayr-Forschung Von Dr. Hans Anschober (Altmünster) Als Maurus Lindemayr am 19. Juli 1783 im 60. Jahre seines Lebens als Pfarrherr von Neukirchen bei Lambach, wo er 1723 als Sohn eines Mesners und Schulmeisters auch geboren wurde, seine Augen für diese Welt geschlossen hatte, konnte sein von schmerzvollster Trauer erfüllter Abt, Amand Schickmayr, dem Wirken und Schaffen seines Lieblingspriesters auf der ihm zur bleibenden Er¬ innerung gewidmeten Marmortafel über seinem Grab mit goldenen Lettern unter anderem auch die besonders rühmenden Worte widmen: „Die gelehrte Welt vermißt an ihm einen weitberühmten Schriftsteller, geistesvollen Redner, gebohrnen Dichter“. Die „Wienerische Kirchenzeitung“ vom 19. Februar 1785 schrieb: „...... weil das Volk in Oberösterreich gerne singt, hat Pater Maurus im Jahre 1768 zu Augsburg seinen „Singenden Büßer' drucken lassen, welcher nebst etlichen anderen Liedern die von ihm in ganz flüßige Neime gebrachten sieben Bußpsalmen enthält. Denn Pater Maurus hatte nicht nur viel Anlage, sondern auch Vorliebe zur Poesie, und von ihm waren die Aufsätze1), womit die Frau Dauphinin, M. Antoinette (die Braut des französischen Kronprinzen und nach¬ maligen Königs Ludwig XVI), als sie auf ihrer Abreise im Stifte Lambach über¬ nachtete, unterhalten worden ist ......“. Das Blatt hatte damit aber nur einen kleinen Bruchteil seines dichterischen Lebenswerkes berührt: die Lieder geist¬ lichen Inhaltes und die patriotisch-volkskundliche Seite seines Schaffens. Diese wurde auch in der Folgezeit als die einmalige, bleibende Tat des mit dem boden¬ ständigen Volkstum so innig verbundenen, seltenen Mannes bewertet. Selbst die überheblichen Geister der Aufklärung, der auch das Stift Lambach aufs ärgste bedrängende josefinische Klostersturm, die mit ihren schrecklichen Kriegswirren auch unser engeres Heimatland verheerende napoleonische Zeit und neue, unserem volks¬ tümlichen Schaffen ferne stehende Kunst- und Geschmacksrichtungen im 19. Jahr¬ hundert konnten dem Lambacher Benediktiner den schönen Ehrentitel eines „Be¬ gründers und Vaters der oberösterreichischen Mundartdichtung“ nicht entreißen oder bei der Nachwelt in dauernde Vergessenheit hüllen. Daher vermochten „Verehrer seiner Muse“ im Jahre 1822 einen bescheidenen Teil seiner mundartlichen Lustspiele und Gedichte („Maurus Lindemayr's Dich¬ tungen in obderennsischer Volksmundart“, Linz 1822, bei Eurich) herausgegeben und so einer breiteren Öffentlichkeit bekanntzumachen. Leider gerieten dabei die Originalhandschriften seiner Theaterstücke samt den dazu gehörigen Noten in *) Die „aufgesetzten“ Szenen des Lustspielés „Kurzweiliger Hochzeitsvertrag“. 137

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