OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Berger: Zwei Bruderschaftsbücher der Stadt Ried Zwei Bruderschaftsbücher der Stadt Ried Von Dr. Franz Berger (Linz) Unter den Archivalien des einstmals bayrischen Marktes Ried im Innvierte sind drei illuminierte Handschriften erhalten geblieben, die Zeugnis ablegen von dem seltenen künstlerischen Geschmack, der hier in einem verhältnismäßig ab¬ gelegenen Orte während zweier Jahrhunderte betätigt wurde. Die älteste der Handschriften ist das Sebastians-Bruderschaftsbuch aus dem Jahre 1503, die beiden anderen sind das sogenannte Bräuerbuch, begonnen im Jahre 1540, und das Buch der Bäckerzunft. Einschreibbücher der Handwerkszünfte waren eine gebräuchliche und selbstverständliche Einrichtung. Im Rieder Archiv sind zum Beispiel erhalten das „Einschreibpuech eines ehrsamen Handwerks der Lödterer seit 1605“, ferner das „Bruederbuech“ des Handwerks und der St. Ul¬ rich-Bruderschaft der Leinweber seit 1637 und „ein ehrsames Handwerksbuch der Färber“ 1704. Das waren Bücher, wie sie auch bei anderen Städten und Märkten geführt wurden. Eine Seltenheit aber sind die erstgenannten Hand¬ schriften, die fortlaufend von einheimischen Malern Bilderschmuck erhielten. In das Sebastians-Bruderschaftsbuch und in das Bäckerbuch wurden die Wappen der neu aufgenommenen Mitglieder gemalt, in das Bräuerbuch aber wurden die Bildnisse. der Zunftgenossen und anderer Mitglieder der Bruderschaft aufge¬ nommen. Das Sebastians-Bruderschaftsbuch und das der Bräuer seien hier kurz besprochen. Die verbreitetste religiöse Vereinigung in Ried war die Sebastians-Bruder¬ schaft bei der Spitalkirche daselbst. Ihre Bestimmung wird in den Satzungen mit folgenden Worten zum Ausdruck gebracht: „Item von erst ist die vorbenannt löbliche Bruderschaft gesetzt und benennt auf Gott den hl. Geist, die unvermalige (unbefleckte) Jungfrau Mutter Maria und den hl. Groß-Marterer und Nothelfer St. Sebastian, denen zu Lob und Ehre, auch Brüdern und Schwestern zu Hilfe und Trost; den lebendigen, dadurch zu erwerben, was ihnen nutz sei zu Seel, Leib, Ehre und Gut; und den toten dort zu ewiger Ruhe und Seligkeit; und auch zu Aufenthaltung der Armen, in dem Spital wohnend“. Es ist hier nur die Rede von der Unterstützung der armen Spitalbewohner, aber in keiner Weise davon, daß die Abwehr ansteckender Krankheiten, vor allem die der Pest, zur Gründung der Bruderschaft geführt hat. Und doch dürfte kein Zweifel bestehen, daß die Ursache der Entstehung in der unmittelbar voraus¬ gegangenen Pest zu suchen ist. Bezeugt ist ihr Wüten in den Jahren 1483 bis 1485. Bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts sind im Innviertel fünf Sebastians¬ Bruderschaften nachweisbar: Braunau, Ried, Schärding, Diersbach und Weng 131

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