OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter ein Transport mit kostbarer Ladung von St. Florian ab, die ein schützender Stollen in Laufen bei Bad Ischl aufnahm. Ein gütiges Geschick hat unsere Klöster vor Bombenschäden bewahrt. Es ist das Unheil nicht auszudenken, das bei einem Fliegerangriff auf St. Florian, dessen weite Räume und Gänge in den Jahren 1944/45 mit ungeheuren Mengen von Sanitätsmaterial und brennbaren Stoffen der Wehrmacht vollgestopft waren, oder bei einer von gewissenlosen Menschen geplanten Verteidigung des Stiftes gegen die anrückenden Heere der Alliierten entstanden wäre. Das Chorherrenstift barg unermeßliche Werte an eigenem Klostergut und aus anderen oberöster¬ reichischen Ordenshäusern. Es wird noch einige Zeit dauern, bis den Klosterbibliotheken ihr alter Kultur¬ besitz wieder zurückerstattet wird. Allerdings ist zu befürchten, daß bei den zahl¬ reichen Verlagerungen und den unter schwierigen Verhältnissen durchgeführten Transporten während der Kriegsjahre manche Verluste an Handschriften und Druckwerken zu beklagen sind. Die Kunstgüter, welche in den Stollen von Alt¬ Aussee und Laufen geborgen waren, schafften die Amerikaner nach Salzburg und München, wo die Zuteilung an die rechtmäßigen Besitzer erfolgte. Einige Bestände haben mehrere Übersiedlungen mitgemacht. So kamen aus¬ gewählte Handschriften des Stiftes Kremsmünster nach St. Florian, von dort wanderten sie nach Alt-Aussee und langten nach Kriegsende in München ein. Am 14. Dezember 1945 brachten Kraftwagen unter dem starken Schutz amerika¬ nischer Soldaten die wertvollsten mittelalterlichen Schriftdenkmale mit dem Codex millenarius in das alte Münster an der Krems zurück34). Der Marmorsaal des Stiftes St. Florian, der schon oft Zeuge bedeutsamen geschichtlichen Geschehens war, vereinte am 27. September 1946 Landesvertreter und kirchliche Würdenträger zu einem feierlichen Festakt, bei welchem die ameri¬ kanische Militärregierung der katholischen Kirche die vom Nationalsozialismus ein¬ gezogenen Güter und Rechte zurückgab. Dadurch sind die Klöster wieder in den Besitz ihrer Vermögenswerte und Kunstsammlungen gelangt. Es erwächst ihnen aber daraus die Pflicht, mit dem geretteten Kulturgut, das die Ordenshäuser Jahrhunderte hindurch treu behüteten und von welchem ein ansehnlicher Teil während des Josefinischen Klostersturms und der national¬ sozialistischen Herrschaft innerhalb weniger Jahre zerstreut wurde, auch künftig einer hohen wissenschaftlichen und künstlerischen Sendung zu dienen. Die Kloster¬ bibliotheken bilden einen wichtigen Bestandteil unseres Kulturschatzes, dessen über¬ ragende Bedeutung unter der quälenden Sorge der Gegenwart um das tägliche Brot vielfach vergessen wird. Ihn auch späteren Geschlechtern zu erhalten und für den geistigen Wiederaufbau unseres Vaterlandes nutzbar zu machen, ist eine österreichische Aufgabe. 3*) 89. Jahreshauptbericht des Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster 1946 S. 73 ff. 130

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