OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter Als Kaiser Josef II. im Jahre 1782 das Klosteraufhebungs-Patent erließ, war das Schicksal zahlreicher Stiftsbibliotheken besiegelt. Die kostbarsten Stücke kamen in die Hofbibliothek. Die von Wien nicht begehrten Handschriften und Bücher sollten für die Ausgestaltung der Universitäts- und Lyzealbibliotheken in den österreichischen Erblanden verwendet werden. Ein Großteil der Druckwerke war für den Verkauf an in- und ausländische Bücherfreunde bestimmt. Die zahlreichen Bestände an Handschriften, Inkunabeln und älteren Druck¬ werken, die der Linzer Studienbibliothek besonderen wissenschaftlichen Wert ver¬ leihen, stammen aus den ehemaligen Klöstern Baumgartenberg, Garsten, Gleink, Ranshofen, Suben, Waldhausen und den Jesuiten - Niederlassungen von Linz, Steyr und Traunkirchen. Obwohl zahlreiche Hofdekrete die Verwertung der Bücher in geordnete Bahnen zu lenken versuchten, konnte man dennoch der aufgehäuften Büchermassen nicht Herr werden. Wieviel literarisch wertvolles Gut ist damals alten Klosterbiblio¬ theken entfremdet worden oder in die Papiermühle gewandert! Was mönchischen Fleiß in jahrhundertelanger mühevoller Arbeit für Wissenschaft und Bildung an den geistigen Brennpunkten unseres Landes zusammengetragen, ist in dem Jahr¬ zehnt von 1782 bis 1792 in alle Winde zerstreut worden. In dieser kurzen Zeit¬ spanne sind die Bibliotheken der Ordenshäuser Baumgartenberg, Engelszell, Garsten, Gleink, Mondsee, Suben und Waldhausen der Auflösung zum Opfer gefallen. Wie mit den Stiftsbibliotheken verfahren wurde, beweist das Beispiel von Mondsee. Im Jahre 1792 wanderten die Bücherschätze dieses ehrwürdigen Benediktinerklosters (gegründet 748), die eine mehr als tausendjährige Vergangen¬ heit illustrierten, in Kisten und Fässern verpackt nach Linz, wo eine Auswahl für die Wiener Hofbibliothek und die öffentliche Bibliothek in Linz getroffen wurde. Dann mußte die wertvolle Fracht auf einem eigenen Schiff nach Wien verladen und dort durch die Universitäts-Bibliothek versteigert werden? Von den wertvollen mittelalterlichen Kodizes fand der größere Teil eine sichere Aufbewahrungsstätte in der Hofbibliothek, manches kostbare Stück wechselte wiederholt den Besitzer. So wurde das mit prächtigen Miniaturen geschmückte Mondseer Antiphonar aus dem Jahre 1464 bei einer Versteigerung von Kunst¬ gegenständen in Wien 1906 ausgeboten. Glücklicherweise konnte es vom oberöster¬ reichischen Landesmuseum käuflich erworben und so fürdie Heimat erhalten werden?7) Die aufgelösten Benediktinerklöster Garsten und Gleink waren als Dotations¬ güter für das neu errichtete Bistum Linz bestimmt worden. Nach Abgabe mehrerer Handschriften an die Hofbibliothek kamen Pergamentkodizes, Wiegendrucke und große Bücherbestände in das junge Linzer Priesterhaus28). Einige tausend Bände 26) Hittmair, Klostersturm G. 458. 27) H. Übell, Geschichte der kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen des oberöster¬ reichischen Landesmuseums. Jahrbuch des o.-ö. Musealvereines Bd 85 (1933) S. 288. 28) Auf Befehl Kaiser Josef II. mußten aus allen Büchereien der aufgehobenen Klöster bedeutende Bestände abgeführt werden. J. Strigl, Die Geschichte des bischöflichen Alumnates in Linz (Linz 1857) S. 35. 126

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