OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Straßmayr: Schicksale oberösterreichischer Klosterbibliotheken nur 386 Bände. Besser war es um Kremsmünster bestellt, dessen Abt Erhard (1571— 88) eine neue Bibliothek baute 16). Während der Reformation haben die Bestände der Klosterbüchereien manche Einbußen erlitten. Bei der religiösen Einstellung der Konventualen, wurden die liturgischen Bücher als unnütz angesehen und entweder veräußert oder zerschnitten. In diesen Zeiten klösterlichen Verfalls wurden Pergamenthandschriften besonders theologischen, juridischen und philosophischen Inhalts auseinandergenommen und für Bucheinbände und Falzleisten verwendet. Das geistige Rüstzeug im Glaubenskampfe, das gedruckte Buch, dessen Ver¬ breitung der Protestantismus mit aller Kraft gefördert hatte, wurde seit dem Ausgang des 16. Jahrhunderts auf katholischer Seite zum mächtigen Stützpunkt aller gegenreformatorischen Bestrebungen. Die der katholischen Lehre treu ge¬ bliebenen Fürsten schritten an den Ausbau ihrer Bibliotheken und die neue geistige Großmacht, der Jesuitenorden, verstand das Bibliothekswesen für die Wieder¬ herstellung des Katholizismus meisterlich zu nutzen. Nachdem die oberösterreichischen Klöster die Stürme der Reformation und Bauernkriege überwunden hatten, knüpften sie mit erneuter Kraft an die alten Kulturaufgaben an und brachten das künstlerische und wissenschaftliche Leben wiederum zur Blüte. Es beginnt das große Bauschaffen des Barocks, in welchem die Machtstellung des wiedererstarkten Väterglaubens und der Triumph der Gro߬ macht Österreich über die Türken zum sichtbaren Ausdruck kommt. Für die Stiftsbibliotheken bricht ein glanzvolles Zeitalter an. Die prunk¬ vollen Klosterbauten, die seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter den Händen berühmter Baumeister und Künstler auf heimatlichem Boden erstehen, sehen für die Geistesschätze einen architektonisch würdigen Rahmen vor. Für die Bibliothekssäle dient vielfach der Prachtraum der Wiener Hofbibliothek als Vor¬ bild. Kunstbegeisterte und gelehrte Prälaten wetteifern in der Ausstattung ihrer Büchereien und verwenden einen Großteil der durch kluge Wirtschaftsführung erworbenen Geldmittel für den Ankauf kostbarer Bücher. Bildungsbeflissene Stifts¬ geistliche werden zur Unterweisung im Bibliotheksfach nach Wien und zu bekannten Fachleuten geschickt. Überall finden wir jetzt tüchtige Stiftsbiblothekare am Werke, die ihnen anvertrauten Schätze zu verzeichnen und für die Wissenschaft benutzbar zu machen. Das 18. Jahrhundert brachte der Geschichtsforschung einen mächtigen Auf¬ schwung. In Österreich faßte diese geistige Bewegung, sich in die Vergangenheit liebevoll zu versenken, gerade in den Klöstern festen Fuß. Gelehrte Benediktiner¬ mönche durchforschten Bibliotheken und Archive und veröffentlichten bedeutsame Werke für die Ordens- und Hausgeschichte17). Rühmend verdient das Chor¬ 16) Hagn a. a. O. S. 42. 17) Unvergängliches Verdienst erwarben sich die Gebrüder Pez in Melk. Abt Bernhard Lidl von Mondsee gab 1748 das Chronicon Lunaelacense, Garsten 1754 das Diplomatarium Garstense heraus. 123

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