OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter literarischen Lebens, seitdem die Laienbildung immer weitere Volksschichten erfaß hat. Fürstenhöfe und Adelige, der nunmehr in Erscheinung tretende Gelehrten¬ stand und die Bürger in den Städten nehmen am geistigen Aufschwung lebhaften Anteil. Ein gesteigerter Bücherbedarf macht sich geltend, dem das billige Papier an Stelle des kostspieligen Pergaments und der sich rasch verbreitende Buchdruck gerecht werden. Kaiser Maximilian I. und Ferdinand I., der Begründer der Wiener Hofbibliothek, lassen in den Klosterbüchereien nach wertvollen Handschriften forschen 11). Vielleicht sind schon damals jene kostbaren Kodizes der Bibliotheken von St. Florian, Kremsmünster, Garsten, Lambach und Wilhering nach Wien gewandert, die heute die Österreichische Nationalbibliothek verwahrt. Wohl hat die Klosterreform des 15. Jahrhunderts auch in den oberöster¬ reichischen Ordenshäusern Kunst und Wissenschaft noch einmal zu kräftiger Ent¬ faltung gebracht. In den Wirren des Religionskampfes mußten aber die Klöster für längere Zeit die geistige Führung an den Adel abtreten. Während die alten geistlichen Büchereien verkümmern, entwickeln sich die Schloßbibliotheken zu be¬ deutender Höhe. Im Zeitalter der Glaubensspaltung war das Druckwerk eine starke Waffe in den Händen der Religionsneuerer12). In Beherzigung der vom Reformator Luther gegebenen Weisungen legte der dem Protestantismus zugetane Adel reich¬ haltige Schloßbibliotheken an 13). Eine wahre Flut religiöser Bücher und Flug¬ schriften überschwemmte von Deutschland her das ganze Land. Alle Stände und auch das gewöhnliche Landvolk griffen nach dieser geistigen Nahrung, die durch die Buchführer besonders den Donauweg entlang hereingebracht und in Massen auf den berühmten Linzer Jahrmärkten dargeboten wurden 14 Auch die oberösterreichischen Klöster konnten der lutherischen Lehre nicht widerstehen. Die Berichte der Reformations-Kommissäre aus den Jahren 1561 und 156615) geben erschütternde Bilder von dem Verfall geistigen Lebens in den Ordenshäusern. In den Zeiten heftiger Glaubenskämpfe und Bauernunruhen war für eine planmäßige Vermehrung der Stiftsbibliotheken kein geeigneter Boden. Die in bescheidenem Ausmaß bereitgestellten Gelder wurden hauptsächlich für die Anschaffung lutherischer Werke und Flugschriften verwendet. Am Ende des 16. Jahrhunderts besaß die Bibliothek in St. Florian außer den Handschriften 11) Czerny a. a. O. G. 27. 12) Näheres bei K. Eder, Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns 1525 — 1602 (Linz 1936) S. 219 ff. 13) Einen bedeutenden Ruf genossen die Büchereien des Sebastian Jörger auf Tollet, Helmhart Jörger auf Steyregg, Gundacker und Heinrich Wilhelm Starhemberg zu Peuerbach und Riedegg, Erasmus von Rödern auf Berg bei Rohrbach, Wolf von Ödt auf Helfenberg. 1) Das oberösterreichische Landesarchiv in Linz besitzt heute noch 100 Sammelbände aus der Reformationszeit, darunter 545 seltene Flugschriften, wertvolle Überreste der berühmten landständischen Bibliothek, die im 16. Jahrhundert im Linzer Landhaus eingerichtet wurde und leider beim Brande im Jahre 1800 zugrunde ging. 15) Eder a. a. O. S. 98 und 123. 122

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