"Großfahrt" in die Gottschee 1939

42 Hätt i di kommt immer wieder an die Reihe, Zwischendurch können wir aber auch einmal ganz fromm sein:Oh Herr, gib uns den Moses wieder, auf dass er seine Glaubensbrüder heimführe ins gelobte Land“ ist unser Gebet. Nun war es schon ganz dunkel geworden, der Scgaffner hatte das blaue Licht an der Decke entzündet, es klebt wie ein Leuchtkäfer¬ chen in der grossen Finsternis des Ganges. Da wir uns über die Bedeutung eines unangenehmen Krappelns und Knurren im Magen einig sind, gehts bei feierlicher Taschenlampenbeleuchtung ans Brote streichen. 1 Gang: Pastetenbrote, 2. Gang Käsebrote, 3. Gang: Butterbrote. Die Mahlzeit ist zu Ende Wir möchten gerne wissen, wo wir eigentlich sind, immer nur das gleichmässige tam, tam, tamder Räder, kaum einmal dass der Zug hält und fast nie können wir die vom Schaffner ausgerufene Station verstehen. Wir sind ja im sechzehnten Wagen!: Und jetzt wieder einmal ein leichter Ruck, der Zug hält. Traudl lehnt gerade am offenen Fenster und fragt so nebenbei: „Wo sind wir denn eigentlich? Leoben, kommt es grantig aus der undurchdringlichen Finsternis. Traudl weiss kein danke mehr zu sagen, so paff ist sie. Wir sind für den Augenbrick ganz starr. Im Nu aber löst sich unsere Starre und wir packen so schnell das nur irgendwie gehen kann unsere Sachen zusammen, Rucksack über die eine Schulter über die andere die Radpacktaschen, Regenmantel und Brotbeutel. Mit den Taschenlampen suchen wir noch die Fächer ab und dann geht es aus dem Zug. Die Letzte hat den Fuss noch auf dem Trittbrett als der Zug anfährt. Wir tappen in der Verdunklung zu unseren Räderm, denn eine stark abge¬ blendete Bahnhoflampe lässt uns den Haufen von Rädern ge¬ rade noch erkennen. 11Uhr nachts. 2 Quartiermacher, Inge und Helene suchen ihre Räder heraus und verschwinden bald in der kohlrabenschwarzen Nacht. Sie fahren zur Massenburg und kommen mit der Nachricht zurück wir sollen möglichst ohne Gepäck kommen, die Jugendherberge sei zwar als Notlazarett eingerichtet, doch noch nicht belegt. So holen wir denn unsere Schlafsäcke, Trainingsanzüge und Regenmäntel aus den Rucksäcken und wandern durch die finstere Stadt hinauf zur Massenburg. Der Bahnhofdienst hat unser Gepäck in Obhut genommen. Langsam rollen die Glockenschläge einer Turmuhr über das Häusermeer der Stadt. Kein Lärm mehr. Unsere Schritte ver¬ hallen im niederströmenden Regen.

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