7. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1877

29 wendigste zu beschränken. Notwendig ist für die Elementarstufe nur die Kenntnis der Spannkraft der Wasserdünste, von diesen soll der Schüler ein genaues Verständnis besitzen und das lässt sich durch einen Versuch leicht erreichen. — Dagegen möchten wir jene Volks- oder Bürgerschule kennen, die das Gesetz, dass Dünste von verschiedenen Flüssigkeiten bei derselben Temperatur eine verschiedene Spannkraft besitzen, mittelst dreier Toricelli’scher Röhren, in deren eine man Wasser, in die zweite Alkohol, in die dritte Aether aufsteigen lässt, zur Anschauung zu bringen im Stande ist. Wozu es also in ein Lehrbuch aufnehmen? Auch für die Unterklassen der Mittelschule ist die Erwähnung dieses Gesetzes ein purer Luxus. Wie man aber in einem Lehrbuch in § 3, III. Stufe, den Feuchtig keitszustand der Luft behandeln und da vom Sättigungspunkt reden kann, wenn man die Spannkraft der Dünste erst in § 39 vornimmt, ist uns ein Räthsel. Und doch ist das Kapitel über den Feuchtigkeitszustand der Luft, da es dem Schüler eine richtige Vorstellung von den Witterungserscheinungen geben soll, von so ungemeiner Wichtigkeit auf dieser Stufe. Ueberhaupt muss man allen Lehren, welche zur Erklärung der Lufterscheinungen bei¬ tragen, einen Platz schon in der Volksschule einräumen; denn Jeder im Volke soll verstehen, welche Vorgänge dabei stattfinden. Verstehen wird sie aber nur derjenige, dem alle dabei wirkenden Factoren durch systematische Anknüpfung des Neuen an bereits Bekanntes zum Bewusstsein gebracht worden sind. Darum müssen wir uns mit Entschiedenheit gegen das Herausreissen einzelner Partien aussprechen, wie es bei der Behandlung der Witterungserscheinungen in manchen Lese¬ büchern für Volksschulen geschicht. Der Schüler kann es, ohne Kennt¬ nis der vorhergehenden Gesetze, unmöglich verstehen, also ist Schade um die Zeit, die man nur zum Lesen eines solchen Lesestückes ver¬ wendet. Da nun die meisten Wettererscheinungen sich als Folgen vom Tempe¬ raturwechsel ergeben, so wird schon deswegen die Lehre von der Wärme einer eingehenden Behandlung bedürfen, die um so gerechtfertigter erscheint, wenn wir bedenken, dass sowol die Erregung der Wärme, als auch ihre Wir¬ kungen und ihre Verbreitung uns im täglichen Leben auf Schritt und Tritt begleiten. Dagegen wird auch Manches auszuschliessen sein. So halten wir die Beschreibung der drei Arten der Quecksilberthermometer (R., C. u. F.) und die Verwandlung der Grade der einen Skala in die der anderen, die Er¬ wähnung des Weingeist- oder gar des Luftthermometers in der Volksschule für überflüssig; —was kümmert den künftigen Gewerbs- oder Kaufmann die Fahrenheit’sche Skala? — Die Wärmeleitung wird man wol auch ein¬ facher zeigen können als mit dem Ingenhous’schen Apparat; eben so kann man ganz gut Wollaston’s Kryophor entbehren. Die Begriffe „gebunden“ und „frei“ sind sehr schwer vorzustellen, — es wäre besser sie ganz wegzulassen.

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