7. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1877

27 behandelt, sondern einige Begriffe auch unrichtig erklärt. So heisst es z. B.: „Die Bewegung eines Körpers, welche durch eine Kraft oder mehrere Kräfte, die nach einerlei Richtung oder nach gerade entgegengesetzten Richtungen wirken, entsteht, heisst eine einfache Bewegung (?). Wenn aber die bewegen¬ den Kräfte einen Winkel einschliessen, so nennt man die Bewegung eine zusammengesetzte". (Netoliczka.) Ebensowenig können wir uns einverstanden erklären mit den aus den Gesetzen des freien Falls gezogenen Folgerungen, als: „Da man den Weg, den ein Körper im freien Fall zurücklegt, findet, wenn man das Quadrat der Fallzeit (in Secunden ausgedrückt) mit 5 multiplicirt“ (was aber im Vorhergehenden nirgends gezeigt wurde, „so findet man offenbar (?) die Fallzeit, wenn man den Weg durch 5 dividirt und aus diesem Quotienten die Quadratwurzel auszieht.“ Aehnliche Sätze, die schon bedeutende mathematische Kenntnisse voraussetzen, wird man nicht in den Unterklassen einer Mittelschule, ge¬ schweige denn in der Volksschule vornehmen dürfen. Die Art, wie die einfachen Maschinen behandelt werden, wird kaum die Billigung der Pädagogen finden. Ausserdem findet man da Verstösse, die in einem guten Lehrbuch nicht vorkommen dürfen. Beim Wellrad heisst es z. B.: „Uebrigens daif man den Halbmesser des Rades nicht übermässig gross machen, um nicht den Gewinn, den man an Kraft erreicht, wieder an Zeit zu verlieren.“ — Als ob es überhaupt möglich wäre, mit einer Maschine an Kraft zu gewinnen, ohne an Zeit zu verlieren. Ausserdem aber setzt diese Argumentation voraus, dass bei Anwendung des ungleich¬ armigen Hebels, auf den das Wellrad zurückgeführt wurde, der Verlust an Zeit besprochen worden ist, was aber nicht geschah. Es liegt jedoch nicht in unserer Absicht, eine Kritik des betreffenden Lehrbuches zu schreiben, so verlockend es auch wäre, ebensowenig können wir die Gesammtanordnung des Lehrstoffes besprechen, nur die besonders stark in die Augen fallenden Ungehörigkeiten wollen wir kurz noch berühren. Bei der Lehre vom Pendel gehören Sätze, wie: „Die Schwin¬ gungszeiten verhalten sich wie die Quadratwurzeln aus den P'endellängen“ nicht in eine Elementarphysik. Dagegen würde es sich empfehlen (und das vermissen wir in allen Lehrbüchern dieser Stufe), als eine Anwendung des Pendels und des Gleichgewichtes das Gehen des Menschen einer näheren Besprechung zu würdigen. Bei der Lehre vom Gleichgewicht einer tropfbaren Flüssigkeit wird von einem Hinabrollen auf einer schiefen Ebene gesprochen, obwol diese selbst erst später behandelt wird. — Das Gesetz des Seitendruckes: „Der Seiten¬ druck nimmt mit der Tiefe zu. Er ist nämlich für jede Stelle einer Seitenwand gleich dem Gewichte der Wassersäule, welche diese Stelle zur Grundfläche und die Höhe des Wasserspiegels über dem Schwerpunkte der gedrückten Fläche zur Höhe hat“ wird ohne jeden experimentellen Nachweis hingestellt: — soll das der Schüler memoriren? Und wenn er

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