7. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1877

20 „Ein schlagendes Beispiel“ — sagt J. Stuart Mill in seiner inductiven Logik — „ist der Glaube, welchen der nicht unterrichtete Theil der acker¬ bautreibenden Klasse immer noch an die Wetterprophezeihungen des Kalender¬ machers hat, obgleich ihnen eine jede Jahreszeit zahlreiche Fälle von ganz irrigen Prophezeiungen vorführt.“ — Dass dies aber nicht blos auf die ungebildeten Klassen zu beschränken ist, zeigen uns das noch vor kurzer Zeit in Schwung gekommene Tischrücken, die Furcht vor dem Weltuntergang, die Schriften gegen das Kopernikanische System, das immer noch angewendete Mittel des Besprechens von allerhand Krankheiten, die täglich zu lesenden Anpreisungen von Universalmedieinen, welche die öffentlichen Blätter anfüllen.“ Es fehlt eben die Kenntnis der einfachsten Naturgesetze und die feste l'eberzeugung von der allgemeinen Giltigkeit derselben. Die Kenntnis dieser Naturgesetze zum klaren Bewusstsein zu bringen und ins Leben mitzugeben, ist darum der materielle Zweck des physikalischen Unterrichts. Wenn aber diejenigen, welche zunächst berufen sind. dem Aberglauben zu steuern, selbst vom ärgsten Aberglauben befangen sind. dann ist freilich an ein baldigen Besser¬ werden nicht zu denken. Wenn man z. B. lesen muss: Der Laager Lehrerverein hat folgenden Sätzen seine Zustimmung gegeben: „Es kann nicht behauptet werden, dass Zauberei nicht hilft“. „Die Frage, ob es möglich sei, durch Hilfe des Teufels Wunder zu wirken, muss entschieden bejaht werden." „Die Zauberei, welche auf reinen Naturgesetzen beruht. ist einfach Betrügerei insoweit sie im Dienste der Mächte der Finsternis steht, ist sie eigentlicher Satansdienst.“ „Diesem Bollwerke des Sataus hat die christliche Volksschule durch die Guadenmittel des Wortes Cottes und des Ciebetes entgegenzu¬ wirken“. — So geschehen im Jahre des Heils 1876. Unglaublich, aber leider wahr! Wir sind in unserem inductiven Verfahren bis zur Aufstellung des Gesetzes gelangt und wir haben gezeigt, dass man aus diesem durch De¬ duction andere analoge Erscheinungen zu erklären im Stande ist. Darüber hinaus soll man aber auf der ersten Stufe auch nicht gehen. Allerdings ist der menschliche Gieist nicht befriedigt, wenn er von dem mühsam aufge¬ fundenen Gesetz nicht wenigstens hypothetisch zu den letzten Ursachen sich erheben kann. Was ist das Agens. das wir erzeugt. analysirt haben? fragen wir, von einem innern Antrieb dazu gedrängt. Da wir die Ursache einer Veränderung in der Natur allgemein als eine Kraft bezeichnen, so können wir das Aufsuchen der l'rsachen als gleich¬ bedeutend nehmen mit dem der Naturkräfte. Diese entziehen sich aber unserer Erkenntnis, weil wir sie niemals direkt beobachten können, wir nehmen sie nur war in ihren Wirkungen. I'm also über die Naturkräfte irgend etwas aussagen zu können, müssen wir aus den Wirkungen auf die Ursachen zurückschliessen. Aber diese Art des Schliessens ist immer mit grosser Lusicherheit behaftet, trägt immer den Stempel des Willkürlichen. des zufällig Angenommenen. ist. mit anderen Worten. eine Hypothese. „Denn

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