80 Jahre Bundesgewerbeschule Steyr

Dr. Alfred Wimmer DIE UMWELT JUNGE BÜRGER IN DER WELT DES BUCHES „Hast du dich sattgesehen an der farbigen Pracht und der Mannigfaltigkeit der Welt, mein Freund, so nimm mich mit, denn ich besitze den Schlüssel, der das Tor in die andere, die stille Welt aufsperrt. Hier umbraust dich nicht der Sturmwind der lauten Welt, sondern eine ruhige, eindringliche Stimme spricht mit deinem innersten Selbst und läßt es wachsen und reifen und gibt dir Stunden erlebter Fülle. Ich breite vor deiner empfänglichen Seele einen bunten Teppich des Lebens aus, auf dem die ewigen Worte des Guten, Wahren und Schönen mildleuchtend hervortreten und wo sich das Zeitlose und Allgemeinmenschliche die Hand . . . und sic treten ein, zaghaft wie Rehe auf eine sonnenüberflutete Lichtung, und sie blicken um sich mit großen, staunenden Augen, drängen sich an die vor ihnen ausgebreiteten Schätze heran, blättern und beginnen zu lesen. „Nimm mich mit und ich entführe dich auf den Flügeln der Phantasie in die lockende Ferne, an die Ufer des Ganges, zu den sturmumbrausten Gipfeln des Himalaya, in die wunderbare Welt des Orients, zu den Indianerstämmen der Neuen Welt und in Roms bewegte Vergangenheit. Folge mir und ich lasse dich Wunder schauen, wie cs deine kühnsten .lugendträume nicht zu träumen wagten. Fliege mit mir in den Weltenraum hinaus und tauche mit mir in die grundlose Tiefe der Meere.“ gibt. Steig in mein Boot und rudern wir gemeinsam über den klaren, regungslosen See in jenes Reich ...“ Buch an Buch reiht sich in den dunklen Schränken, und kaum findet die bunt zusammengewürfelte Schar Platz genug in den kleinen Fächern. Goethe stößt mit Guareschi freundschaftlich an, Claudel fühlt sich in der Nachbarschaft Dominiks ganz wohl, und Shakespeare hat mit Kästner einen lustigen Bund geschlossen. Doch halt! Wohin soll dieser Spuk führen, wenn all die 730 stattlichen Bände in bunter, stolzer Reihe aufmarschieren? Stolz?! Sie sind es, denn sic haben die gefallenen Brüder völlig verdrängt. Was galt’s! Ein frisches Beginnen und ein bißchen Mut. Dipl.-Ing. Richard Auer DIE KETTE Wir sind bei den Elementen der Hebezeuge angelangt, haben die Flaken besprochen und mit den Ketten begonnen. Ich habe kurz die Rundgliederketten durchgenommen und frage jetzt: „Meßmer, welche Ketten kennen Sie noch?“ Der Schüler schweigt. Ich helfe ihm. „Erinnern Sie sich doch an die Exkursion in die Bundesbahnwerkstätte Linz.“ Da wird sein Gesicht hell. Man merkt es ihm an, daß eine Fülle von Eindrücken in ihm wach wird, und dann sagt er: „Richtig, die große Gälische Kette!“ .Ta, die hat er sich gemerkt. Und so wie seine Gedanken eilen auch meine zurück zu jenem Tag . . . Noch im Morgengrauen hatten wir den selbstaufgebauten Schullastwagen, einen Mercedes-Diesel, der eben erst mit einer Schülergruppe aus Innsbruck zurückgekommen war, bestiegen. Eineinhalb Stunden später standen wir nach einer liebenswürdigen Begrüßung einem Oberinspektor gegenüber, der uns in einem kurzen Einführungsvortrag mit den Aufgaben und dem Wirkungsbereich eines Bundesbahn-Ausbesserungswerkes vertraut machte. Hand aufs Herz, wer von uns wußte denn schon, daß das gesamte rollende Material unserer Bundesbahn nach einem strengen Plan in bestimmten Zeitabschnitten genau und gründlich überprüft und durchgesehen wird. Nicht vielleicht nur die alten Veteranen des Schienenstranges, die nach 30 oder 40 Jahren noch immer treu und brav ihren Verschubdienst tun, nein, auch die modernsten Elektrolokomotiven! Sicherheit ist der oberste Grundsatz im Bahndienst. Dann ging es aber gleich mitten hinein in die große Montagehalle. Eine Schiebebühne bringt die eingelieferten Patienten rechts und links auf die Abrüststände, wo sofort die einzelnen Teile, Kessel, Rahmen, Radsätze, Elektromotoren und Aufbauten abmontiert und in die betreffenden Werkstätten gebracht werden. Da sahen wir rußige Lokomotivkcsscl mit durchgebrannten Feuerboxen, das scheinbar regellose Gewirr der Rauch- und Überhitzerrohre gleich Eingeweiden daneben liegend, wir sahen Zylinder, in deren Schieberspiegel der Dampf tiefe Rillen gefressen hatte, abgelaufene Radkränze und Laufachsen, 58

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