80 Jahre Bundesgewerbeschule Steyr

Die Ausführung „Herr Kollege, also ich gehe an die Arbeit! Es freut mich sehr, und ieh komme dann wieder zu Ihnen. Auf Wiedersehn!“ „Auf Wiedersehn und danke schön!“ Kurze Zeit später bin ich wieder in der Werkstätte: „ ... da zeige ich Ihnen heute die ersten fertig gewordenen Lehrtafeln, die die Schüler mit richtigem Eifer gezeichnet haben. Auch aufgezogen haben wir sie. Später kommen noch Ösen dran.“ Und schließlich hört man im Maschinensaal: „ ... Sie sehen dort auf der Lchrtafel an der Wand, wo der Keilwinkel beim Schruppstahl ist.“ „ ... ich hab Ihnen doch schon einmal gesagt, daß Sic beim Gewindeschneiden auf der Drehbank nicht übers Mittel gehen dürfen! Schau’n Sie sich doch die Wandtafel dort an: So können Sie nicht das richtige Gewindeprofil erzeugen.“ „ ... Was fällt Ihnen denn bei der Schnecke auf? Die Abmessungen sind ja ohnehin so groß, daß Sic die Flanken genau anschauen können. Sehn Sie nicht, daß die eine Flanke rauh ist? Können Sie sich das erklären? Na, schau’n Sie einmal dort die Wandtafel genau an: Auf der einen Seite ist der Span- winkcl Gamma negativ — das sehn Sie doch ganz deutlich.“ Friedrich Schatz! LEBENDIGES METALL — SCHÖPFERISCHE FORM Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was das griechische Wort „techne“ bedeutet? Es ist die gemeinsame Bezeichnung für Arbeit und Kunst. Die Griechen erkannten die Wesensgcmcmschaft und die Zusammengehörigkeit dieses Doppelbegriffes, dem nur zum Schein zweierlei Bedeutung zukommt. An unserer Schule ist dieser Begriff schon lange Zeit verwirklicht; gilt es doch, alte 1 landwerkstradition zu wahren, aber nicht nachzuahmen, sondern weiter zu entwickeln. Das Metallkunsthandwerk nimmt die Vielfalt der Mctalltcchnikcn, das Schmieden, Hämmern, Treiben, Gravieren, Ziselieren, Tauschieren, Nicllieren, Emaillieren ... in vollem Umfang in Anspruch. Vergangene Jahrhunderte lassen schon an ihren Funden und Denkmälern erkennen, daß das Metall als Grundstoff eine große Lebensdauer, vor allem eine eigentümliche, man möchte fast sagen, eine „natürliche“, Lebendigkeit besitzt, die sich aus der Farbe, dem Glanz, der Dehnbarkeit und Festigkeit, ja aus dem Klang des Metalls ergibt. Der Unterricht vermittelt dem Schüler handwerkliches Können. Aber auch ein Hineinhorchen in das Material, ein Sich-Versenken in seine organischen Bedingungen ist unbedingt erforderlich, um Metall in schöpferische Form zu verwandeln. Der Unterschied von Maschine und schaffender Hand wird daraus erkennbar. Die Maschine zwingt dem Material ihren Willen auf, nur die lebendige Hand kann dem Eigenleben des Metalls nachgeben und so seinem Gestaltungswillen entsprechen. Die gemeinsame Berücksichtigung von Material, Technik und Zweck des Gegenstandes bildet die Grundlage für jedes Formschaffen. Freilich geht es dabei nicht so sehr um den Zweck als solchen, wie um die Veranschaulichung des Zwecks; nur so wird der geschaffene Gegenstand prägnantes Symbol seiner Funktion, aber auch zugleich eine geistige Aussage des gestaltenden Handwerkers für alle Menschen, welche ihr Herz und ihren Sinn dem Schönen zuwenden. 51

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