80 Jahre Bundesgewerbeschule Steyr

Prof. Franz Wieringer ZUSAMMENARBEIT! .wär’ mir wirklich sehr recht, Herr Kollege, wenn ich dieses Stück aus der Werkstätte für die .Sammlung Zeichnen’ haben könnte. Für Sie ist es ohnehin nicht mehr von Wert, weil das eine Maß nicht eingchal- ten worden ist, und ich —, beziehungsweise wir Zeichenlehrer haben damit wieder ein durchaus brauchbares Sammlungsobjekt, das sich sehr gut für ein Zeichenprogramm .Darstellung Die Besprechung „im, verkleinerten Maßstab’ eignet.“ „Gut, ich liefere das Stück ins Zentralmagazin als Ausschuß ab, und Sie fordern es für die Sammlung bei der Direktion an. Weil Sie schon da sind in der Lehrwerkstätte, Herr Kollege: Sie wollten doch in der Darstellenden mit den Schülern etwas zeichnen, damit sie leichter begreifen, was wir ihnen da in der Lehrwerkstätte an der Drehbank erklären.“ „Selbstverständlich, Herr Kollege, werde ich dazu kommen. Aber Gewinde und Schraubflächen passen jetzt noch nicht zum Lehrstoff, den ich in der zweiten ,Höheren’ durchnehme. In etwas anderem könnte ich Sie aber sogleich unterstützen.“ „Und was wär’ das?“ „Na, in der Darstellenden lernen die Schüler, was man unter dem Neigungswinkel einer Ebene versteht. Da konstruieren wir wahre Längen von Strek- ken, drehen um Achsen bildebenenparallel, ermitteln Verschneidungen usw. Wenn wir dann vom Neigungswinkel sprechen, erscheint das zunächst sehr theoretisch, und der Schüler fragt unwillkürlich, wozu er das braucht.“ „Logisch — das frag’ ich mich auch.“ „Und gerade für Ihren Platz in der Mechanischen Werkstätte wüßte ich die Antwort. Sind nicht die Schneidköpfe von Drehmessern ein geeignetes Beispiel, um von Neigungswinkeln zu sprechen, beziehungsweise die Aufgabe zu lösen, Ebenen von gegebenem Neigungswinkel zu konstruieren.“ „Aha, das wär’ ganz recht, wenn Sie den Schülern die Winkel bei den Drehmessern zeigen würden. Wir erklär’n das den Schülern ja auch, aber so genau geometrisch ...” „Das ist’s ja! Ich würde in der Darstellenden dadurch eine unmittelbar aus der Praxis entnommene Konstruktionsaufgabe gewinnen.“ „Welche Klasse hab’n Sie denn?“ „Die 1 Mk.“ „Von der waren schon einzelne Gruppen an der Drehbank im Maschinenraum. Die Schüler wissen schon, wo die Spanfläche ist und die Freifläche und so weiter. Aber die Winkel können wir in der Lehrwerkstätte nicht so erklär’n, wie s vielleicht geometrisch richtig wäre.“ „Gewiß, es besteht ja auch nicht die Möglichkeit dazu.“ „Das könnten Sie also den Schülern zeigen?“ „Freilich! Lind es wäre das wieder eine sehr schöne Verbindung zwischen Lehrsaal- und Lehrwerkstättenunterricht. — Sic erinnern sich doch, Herr Kollege, wie ich im vorigen Schuljahr zu Ihnen gekommen bin und mit Ihnen über die verschiedenen Formen des Auslaufes von Nuten bei Wellen gesprochen habe, je nachdem, was für einen Fräser man nimmt. Das paßt in den Lehrstoff der Zweiten, wo von der Verschneidung von Zylindern die Rede ist. Die Schüler haben das auch gezeichnet und skizzieren bestimmt keine falsche Auslaufkurve mehr.“ „Ja, das is g’wiß!“ „Und ich sag Ihnen, wie das die Schüler g’freut hat! Die einen, die ihre Augen offen haben, hatten die Verschiedenheit der Ausläufe schon beobachtet. Die anderen horchten auf und merkten, was ihnen entgangen war.“ „Das glaub ich schon. Die wenigsten schau’n ja von selbst und seh n nur was, wenn man s’ d’rauf- stoßt.“ „Und die Schüler freu’n sich, wenn man ihnen im Lehrsaal praktische, aus der Wirklichkeit gegriffene Beispiele bringt und merken dann gar nicht, daß ihnen damit eigentlich die notwendige Theorie beigebracht wird.“ „Das wär’ wichtig.“ „Und so gebracht, prägt sich der Lehrstoff auch leichter ein und bleibt eher haften.“ „Wir machen auf der kleinen Tafel in der Lehrwerkstätte ja auch öfters Skizzen mit der Kreide. Aber das kann natürlich nicht geometrisch genau sein.“ „Sie, da hab’ ich eine Idee! Wie wär’s, wenn wir in ein paar Zeichenstunden Wandtafeln in der Größe unserer Reißbretter oder etwas größer zeichnen würden? Jede Tafel braucht dann nur eine bestimmte Einzelheit zu enthalten. Ich denke da nicht an eine ständige Galerie von Wandtafeln ...“ „Sie, das wär’ was!“ „Aus einem Behälter — etwa einer schmalen hochgestellten Kiste — könnten Sie dann das jeweils gewünschte herausnehmen und aufhängen. Na!?“ „Dann würden wir das nicht immer aufskizzier’n brauchen.“ „Sie, das ist gut“, mischt sich da ein zweiter Fachlehrer, der zugehört hatte, ins Gespräch. „Ich hab das in Schweden g’sehn. Dort waren die Wandtafeln an einem Halter aufgehängt und man hat an der Wand umblättern können. Nachher hat man das Ganze in eine Mauervertiefung einschieben können. Sie, das war großartig!“ „Aber da gäb’ es noch viel außer den Winkeln bei den Schruppstählen. Beim Bohren zum Beispiel, oder beim Einspannen. Oder die Gewindefehler, wie ich schon zuerst g’sagt hab'! Das wär’ notwendig! Die Buben glauben es nicht, und wir können ihnen das nicht so zeigen. So wie Sie ’s vielleicht geometrisch machen könnten.“ 50

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