Amtsblatt 1895/24 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 13. Juni 1895

lehrung über die Kennzeichen und den Verlauf der bei den Schweinen auftretenden Schweineseuche, bezw. Schweinepest mit der Weisung in die Kenntnis gesetzt, dass in Bezug auf die Bestimmungen der Ministerialverordnung vom 10. April 1885, R. G. Bl. Nr. 54, nur die Modisication einzutreten hat, dass bei jeder nach Punkt 1 dieser Verord¬ nung der politischen Bezirksbehörde zugehenden Anzeige über einen Ausbruch der Seuche (sic mag als Rothlauf, als Schweineseuche oder Schweinepest genannt werden) der Amtsthier¬ arzt zur Constatierung und Veranlassung der erforderlichen Vorkehrungen zu entsenden ist, welcher sich bei seinen Amts¬ handlungen insbesondere auch die Bestimmungen des Mi¬ nisterialerlasses vom 29. Februar 1892, Z. 22.626 ex 1891 intimiert mit dem hierämtlichen Erlasse vom 10. März 1892, Z. 3551/I, gegenwärtig zu halten hat. Ich beauftrage demnach auch die Gemeinde=Vorstehungen, diese Kundmachung und Belehrung in der ausgebrei¬ teisten Weise zu verlautbaren, und sämmtliche Vieh¬ besitzer aufzufordern, jede seuchenverdächtige Erkrankung unter dem Schweinestande sofort zur Anzeige zu bringen. Hievon sind insbesondere auch die sämmtlichen Vieh¬ und Fleischbeschauer und die in den Gemeinden domicilie¬ renden Wasenmeister unter Hinweis der mit h. a. Erlasse vom 14. November 1892, Zl. 13.195, Amtsblatt Nr. 46 ex 1892 hinausgegebenen Kundmachung, betreffend die Verpflichtungen der Viehbesitzer, Vieh¬ und Fleischbeschauer und Wasenmeister hinsichtlich Anzeige bei ansteckenden oder ansteckungsverdächtigen Krankheiten, mit allem Nachdrucke in die Kenntnis zu setzen. Steyr, am 9. Juni 1895. ad Z. 7482. Belehrung über die Kennzeichen und den Verlauf der bei Schweinen auf¬ tretenden Schweineseuche, beziehungsweise Schweinepest. Die vorstehende als Schweineseuche, beziehungsweise als Schweinepest bezeichnete Krankheit war bisher in Oesterreich=Ungarn, insbesondere aber in Oberösterreich, gänzlich unbekannt und wurde erwiesenermaßen über England aus Amerika nach Deutschland und von hier aus nach Oesterreich=Ungarn eingeschleppt und durch den Viehhandel weiter verbreitet. Sie wird in erster Linie durch Ankauf von Handelsschweinen in die Stallungen gebracht und auf diese Weise auf die heimischen Schweinebestände übertragen und daselbst in den einmal verseuchten Stallungen erhalten. Die Schweine¬ seuche ist weit gefährlicher und ansteckender als die Roth laufkrankheit; nach dem Ausbruche derselben erkranken in kurzer Zeit zumeist alle Thiere dieser Gattung des Stalles, eventuell des Gehöftes. Die Schweineseuche ist deshalb weit schädlicher als die Rothlaufkrankheit, weil selbe durch die Auswurfstoffe und das flüchtige Contagium in der ausgeathmeten Luft viel leichter übertragen werden kann, fast immer tödtlich endet und Genesungen selten sind. Nach den bisherigen Erfahrungen gehen zumeist 75 bis 80 % der erkrankten Thiere zugrunde. Dem Wesen nach ist diese Seuche eine ansteckende Lungen¬ Darmentzündung. Das Krankheitsbild ist demnach nicht immer gleich und abhängig von dem Organ, welches zumeist von der Krankheit ergriffen wurde. Bald tritt die Lungenentzündung, bald das Darmleiden in den Vordergrund. Der Beginn des Leidens zeigt sich durch Fieber, mangelnde Fresslust, Thränen der Augen und große Schwäche. Diese Schwäche zeigt sich darin, dass die Thiere mit dem Hintertheile hin und her schwanken und der Gang taumelnd wird. Bei den meisten Schweinen zeigt sich dann häufiger krächzender Husten und beschleunigtes, sehn erschwertes, schmerzhaftes Athmen. Bei Läuferschweinen und Ferkeln wird auch Durchfall, welcher oft blutig gefärbt ist, wahrgenommen; außerdem ein schleimig eitriger, schäumiger, durch Blut rothbraun gefärbter Ausfluss aus den Nasenöffnungen, seltener ein mit Schorfbildung verbundener Ausschlag am Halse, auf dem Rücken oder an anderen Körperstellen. Viele Thiere zeigen auch blaurothe Färbung des Rüssels, der Ohren oder große rothe Flecken und Streifen auf dem Rücken, unter dem Halse, dem Bauche und und an anderen Körpertheilen. Die Augen der Thiere sind oft durch eine zähe, eitrige Masse verklebt. In allen Fällen magern die Thiere ab. Der Verlauf der Krankheit ist acut und chronisch und die Dauer derselben von einigen Tagen bis mehrere, 3—4 Wochen und darüber. Die acuteren Fälle werden zumeist als Schweinepest bezeichnet, obwohl die Krankheitserscheinungen zwischen Schweineseuche und Schweinepest in praktischer Beziehung keine wesentlichen Unter¬ schiede zulassen. Fast alle angesteckten Schweine erliegen der Seuche; bei weniger bösartigem Verlaufe kommt es vor, dass einzelne Schweine nur im geringen Grade erkranken und hiedurch die Seuche lange Zeit verborgen bleibt. Durch solche Thiere wird die Seuche oft verschleppt, weil dieselben anscheinend gesund erscheinen und sodann Anlass zur Conservierung der Seuche in größeren Schweine¬ beständen geben können. Wenn Schweine bald nach dem Ankaufe unter den obigen Erscheinungen erkranken, insbesondere mehrere Schweine eines Be¬ standes oder aus einem Triebe oder Transporte die genannten Symptome zeigen, so erscheint der Verdacht auf Schweineseuche beziehungsweise Schweinepest begründet, und ist die vorgeschriebene Anzeige an die Gemeindevorstehung, beziehungsweise an die politische Bezirksbehörde zu erstatten. — Zur sicheren Feststellung des Vorhandenseins der Schweineseuche ist die Zuziehung eines Thier¬ arztes und die Vornahme der Section eines verendeten oder dieser Krankheit verdächtigen Thieres erforderlich. — Die Aufnahme des Ansteckungsstoffes erfolgt durch die Athmungsluft oder durch das Futter und verbreitet sich bei dem Auftreten der Krankheit über alle Theile des Thierkörpers. Derselbe wird wieder durch die Auswurf¬ stoffe und den abgesetzten Koth in den Stall gebracht und kann sich im Boden und in den Futterresten der Futtertröge schnell vermehren, wodurch die häufige und rasche Verbreitung der Seuche in den Beständen eines Gehöftes sich erklären lässt. Erwiesen ist auch die Verbreitung der Seuche durch das Fleisch derartig kranker noth¬ geschlachteter Schweine. Zur Verhütung der Einschleppung der Schweineseuche ist insbesondere bei dem Zukauf von sogenannten Länferschweinen die größte Vorsicht bezüglich deren unbedenklicher Provenienz zu beobachten. Unter allen Umständen, insbesondere in seuchengefähr¬ lichen Zeiten, empfiehlt es sich, die neu angekauften Schweine durch wenigstens vierzehn Tage betreffs ihres Gesundheitszustandes zu beobachten. Wenn sich die Thiere nach Ablauf dieser Frist vollkommen unbedenklich und gesund erweisen, können selbe zu anderen gesunden Schweinen eingestellt werden. Selbstredend ist die Verwertung der von dieser Krankheit befallenen und deshalb nothgeschlachteten Schweine zum menschlichen Genusse vom sanitätspolizeilichem Standpunkte unzulässig. Bei constatierter Seuche sind die von Seite der Behörde getroffenen Anordnungen zur raschen Beendigung und Hintanhaltung einer Weiterverbreitung derselben genau zu befolgen und bei der Desin¬ fection der inficierten Stallungen mit der größten Sorgfalt vorzugehen. Z. 7483. An sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen und k. k. Gendarmerie=Posten=Commanden unter Bezugnahme auf die Statthalterei=Kundmachung vom 18. Mai 1895, intimiert mit h. a. Erlasse vom 24. Mai I. M., Z. 6779, Amtsblatt Nr. 22, zur Kenntnisnahme und Verlautbarung in der ortsüblichen Weise. Nr. 8779 u. 8891/II. Kundmachung betreffend die Abänderung der Maßnahmen gegen die Maul¬ und Klauenseuche im Herzogthume Salzburg und die Auf¬ hebung des Verbotes der Einfuhr von Klauenthieren aus den politischen Bezirken Salzburg=Stadt und Umgebung nach Oberösterreich. Nachdem die Maul= und Klauenseuche in den Bezirken Land und Stadt Salzburg eine weitere Verbreitung nicht genommen hat, sah sich die k. k. Landesregierung in Salz¬ burg laut Kundmachung vom 22. Mai d. J., Z. 5703, bestimmt, die mit ihren Kundmachungen vom 4. und 14. Mai

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